VON ANJA KAUFFMANN | 07.07.2010 10:21

Mut: Drei Buchstaben, eine Silbe

Mut: Drei Buchstaben, eine Silbe – man braucht nicht einmal eine Sekunde, um das Wort auszusprechen, aber Jahre, um dessen Inhalt zu begreifen, zu erlernen und zu leben.

Wie bei jedem Wort, das ein Gefühl oder emotionalen Zustand beschreibt, stößt auch der Begriff Mut an seine definitorischen Grenzen. Mut ist eine Tugend, die sich darin ausdrückt, die Fähigkeit zu besitzen, ein Wagnis einzugehen. Doch nach diesem Ansatz einer Definition müsste man zunächst auch die einzelnen Bestandteile des Satzes erklären. Was ist Tugend? Worin besteht ein Wagnis?


Versuchen wir Mut anhand von Beispielen, Situationen des Alltags, des Lebens, besonders des Studentenlebens, zu belegen. Ist es mutig, während des Studiums ein Kind zu bekommen? Wenn im Bücherregal zwischen Goethe und Kant Werke über Schwangerschaft, Elternschaft und alles, was einen sonst noch so schafft, stehen? Oder trifft die Bezeichnung Waghalsigkeit eher zu? Ist es mutig, ein Studienjahr im Ausland zu verbringen? In Südkorea, Amerika oder Spanien seine Zelte aufzuschlagen? Oder ist das heutzutage schlicht und einfach normal und notwendig, um die viel zitierte Karriereleiter hinaufsteigen zu können? Ist es mutig, für seine Rechte als Student zu streiken? Auf die Straße zu gehen? Vorlesungen zu versäumen, um für mehr Vorlesungen und Bildung zu streiken? Oder ist das paradox? Ist es mutig, drei Studentenjobs anzunehmen, um die Studiengebühren bezahlen zu können, nur um dann wegen zu hoher Belastung das Studium abbrechen zu müssen? Oder ist das von vornherein zum Scheitern verurteilt? Mutig, aber unmöglich?


Das sind alles alltägliche Zustände, Situationen, in der jeder schon einmal gesteckt hat oder von jemandem gehört hat. Wenn Mut alltäglich wird, stumpft der Begriff dann ab? Ist man nur noch mutig, wenn man im Auslandssemester ein Kind bekommt, während man mit drei Jobs kämpft und parallel auf die Straße geht, um seinem Unmut Luft zu machen?


In einem Land, in dem Zivilcourage zur Mutprobe wird, in dem Wehmut, Demut und Übermut nicht nur den Mut gemeinsam haben, in dem aber dennoch Lena Meyer-Landrut, ein 19-jähriges Mädchen aus Hannover, den Eurovision Song Contest gewinnt, weil sie Mut zur Einfachheit zeigte, kennt der Begriff Mut keine Definition, keine Grenzen, keine Etikettierung. Und gerade dieses Grenzenlose, Undefinierbare ist dann aber wiederum ein Kriterium zur Erklärung des Begriffes, des Gemütszustandes: Mut kann man nicht begrenzen, einengen oder an Maßstäbe binden.


Die Liebe treibt nicht Mutwillen. Doch der Wille zur Mut treibt die Liebe und das Leben an. Sogar in Armut als auch in Reichtum, zwei Begriffe die gegensätzlicher nicht sein können, steckt Mut, wenn man genau hinschaut.