VON MAXIMILIAN REICHLIN | 13.01.2014 13:18

Müll ohne Grenzen – Über das florierende legale und illegale Müllgeschäft

Sondermüll, Giftmüll, Elektronikschrott – immer mehr Müll wird nicht im eigenen Land entsorgt, sondern über die Grenzen geschickt. Konzerne und sogar Privatpersonen profitieren von den Abfallbeseitigungsverordnungen und den billigeren Kosten anderer Staaten. Manche machen im Müllgeschäft riesige Gewinne. Im Falle von illegalen Giftmüllexporten oft auf Kosten der Gesundheit der Bevölkerung. Doch wie lässt sich mit Müll überhaupt Geld verdienen? UNI.DE folgt dem Abfall über die Grenzen.

Legaler Handel mit Müll ist fast so alt, wie der Müll selbst. Abfall über die Grenzen in Länder zu exportieren, ist gang und gäbe. Die EU-Staaten exportieren so viel Müll, wie noch nie zuvor. Grund: Die oft kostengünstigere Lagerung und Entsorgung im Ausland. So lieferten beispielsweise in den Jahren von 2004 bis 2005 vor allem belgische Firmen Haushaltsmüll und Gewerbeabfälle in großen Mengen nach Deutschland. Dort sollte die Abfalldeponierung ab 2005 in weiten Teilen verboten werden, weswegen die bestehenden Deponien ihre Halden noch möglichst füllen wollten und daher Niedrigpreise anboten. Für die belgischen Entsorger, die damit die gestiegenen Umweltabgaben und Steuern im eigenen Land umgehen konnten, ein gefundenes Fressen. Etwa eine halbe Millionen Tonnen Abfälle wurden so nach Deutschland gebracht.

Mission: Müll – Aus alt mach neu.

Die Fälle solcher legalen Müllexporte sind zahlreich, wenn auch aus wirtschaftlicher Sicht nicht immer unproblematisch. Im Fall von 2004 wirkte sich der belgische Müllexport etwa nachteilig auf inländische Deponien und die Einnahmen der Kommunen aus. Verboten war die Ausfuhr allerdings nicht, handelte es sich hier doch größtenteils um Haushaltsmüll. Anders stehen die Dinge, wenn stattdessen Gift- oder Sondermüll über die Grenzen gebracht wird. Das Geschäft mit dem illegalen Transport solcher Abfälle wächst europaweit, hier können Milliarden verdient werden. Ein beliebtes Ziel für die Transporte: Rheinland-Pfalz. Hier landen jährlich Tausende Tonnen belasteten Mülls in Gruben oder Steinbrüchen. Die illegale Entsorgung an solchen Orten ist für Entsorgungsfirmen attraktiv, weil kostenlos.

Gesundheitlich noch bedenklicher ist das Geschäft mit Elektronikschrott. Die meist als Sondermüll klassifizierten Abfälle müssten eigentlich bei Spezialfirmen landen, die die Umweltverordnungen einhalten und den Schrott in hochtechnisierten Verfahren recyceln können. Dabei entstehen pro Tonne Schrott Kosten in Höhe von etwa 200 Euro. Die Abfälle mit Containerschiffen nach Asien zu verschiffen kostet dagegen nur halb so viel. Der Trick der Exporteure: Offiziell wird nicht mit Müll, sondern mit gebrauchten Geräten gehandelt. Dabei werden die defekten Bauteile als funktionstüchtig „getarnt“.

Tatsächlich intakte Geräte lassen sich im Empfängerland, zumeist China, gewinnbringend verkaufen, defekte Geräte billiger entsorgen. Allerdings auf Kosten der Umwelt und der Gesundheit der Arbeiter. Um selbst noch am Schrott verdienen zu können, werden für kleinsten Lohn Metalle ausgekocht und Bauteile demontiert – unter Bedingungen, die jeder Verordnung spotten. Besonders schädlich sind dabei ausgediente Quecksilberschalter, Akkus und Batterien, die giftige Batteriesäure enthalten. Das internationale „Basler Übereinkommen“ sollte solche illegalen Exporte eigentlich verhindern, indem es den Transport von belastetem Müll nur in diejenigen Staaten gestattet, die die nötigen Möglichkeiten und Verordnungen zur Aufbewahrung und Entsorgung mitbringen. Doch die Kontrolle gestaltet sich schwierig, gerade wenn die Exporteure bestehende Schlupflöcher nutzen können. Dennoch hat das Abkommen dafür gesorgt, den Giftmüllexport in ärmere Länder deutlich zu reduzieren.