VON CHARLOTTE MEYER | 29.08.2015 17:53

Mit weniger mehr erreichen – zur Notwendigkeit von Suffizienz

Strom sparen, weniger Auto fahren, weniger Müll produzieren – dies alles sind Vorsätze, die wir uns eigentlich mal vornehmen sollten. Aufgrund des Klimawandels, der wachsenden Weltbevölkerung, der versiegenden Ressourcen und dem Verlust der Biodiversität ist eines klar: Wir müssen Wege finden, um uns zu reduzieren. Suffizienz ist der Begriff, der Genügsamkeit im Verbrauch bedeutet. Doch was steht eigentlich dahinter und welchen Stellenwert hat sie in der Nachhaltigkeitsdebatte? UNI.DE berichtet.


Ergänzender Teil der Nachhaltigkeitsdebatte

Suffizienz kommt vom lateinischen sufficere und bedeutet auf Deutsch in etwa ausreichen oder genügen. Als Suffizienz im ökologischen Sinne kann das Streben bezeichnet werden, möglichst wenig Ressourcen und Energie zu verbrauchen. Sie fragt nach dem rechten Maß bei Selbstbegrenzung, Konsumverzicht oder auch beim Abwerfen von Ballast. In der Regel wird Suffizienz auch als ergänzendes Mittel zu ökologisch nachhaltigem Wirtschaften und dem Einsatz regenerativer Energien in der Diskussion um Nachhaltigkeit gesehen. Bei Suffizienz geht es vor allem um die Änderung von Verhaltensmustern und sie steht so technischen Umweltschutzstrategien gegenüber. In der Suffizienz-Forschung geht man unter anderem der Frage nach, ob diese für einen effektiven Umweltschutz neben dem Einsatz von Technik überhaupt erforderlich ist.

Ohne Auto, aber voller Glück?

Effizienz und Suffizienz müssen Hand in Hand gehen

Schaut man sich die dramatischen Veränderungen des Klimas an oder den Verlust an Ressourcen und Artenvielfalt scheint es unerlässlich, seinen Verbrauch und seinen ökologischen Fußabdruck zu verringern. Aber dies hat nicht nur eine idealistische Dimension: Durch die Endlichkeit unserer Rohstoffe und der immer weiter voranschreitenden Umweltbelastung sind auch dem Wirtschaftswachstum Grenzen gesetzt. Würde man nur die Ökoeffizienz in diesem Zusammenhang betrachten, würde das heißen, dass wir unseren bisherigen Lebensstandard aufrecht erhalten und so unverändert weiter wirtschaften könnten. Das bedeutet, dass wir dann lediglich Produkte herstellen würden, die ressourcenschonender im Verbrauch und der Produktion sein würden. Doch ist der Weg für eine umweltfreundlichere Wirtschaft ohne Suffizienz womöglich weiter. So ist es ohne technische Errungenschaften bereits möglich, etwa beim Autofahren CO2-Emissionen zu senken wenn man weniger und langsamer fährt. Kommt dann noch Technik zum Einsatz, die den Spritverbrauch im Großen und Ganzen senkt, erzeugt man noch weniger Emissionen. In diesem Sinne müssen Effizienz und Suffizienz Hand in Hand gehen, vor allem in Bereichen, in denen viele Ressourcen verbraucht werden.

Suffizienz hochaktuell

Suffizienz ist also ein wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Entwicklung. In der Politik und in Unternehmen, Stadtwerken und Kommunen ist allerdings die Suffizienz – im Gegensatz zur Effizienz – ein heikles Thema. Denn meistens wird Suffizienz mit persönlichem Verzicht gleichgesetzt und man scheut sich davor, der Bevölkerung ihren Lebensstil vorzuschreiben. Doch braucht es eine Suffizienzpolitik, um Anreize für ein ressourcenleichteres Leben und mehr Lebensqualität zu setzen. Dies kann zum Beispiel ein sicheres Radwegenetz sein, die Verkürzung von Wegen in Städten oder städtische Stromspartarife. Oft wird jedoch bemängelt, dass eine Suffizienzpolitik auf Kosten von Arbeitsplätzen und Wohlstand geht und dass Effizienz im Zuge des Klimawandels ausreicht. Doch geht laut des Präsidenten des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, Uwe Schneidewind, mittlerweile der Trend auch ohne Suffizienzpolitik zu rückläufigen Wachstumszahlen. Durch ein hohes Bruttoinlandsprodukt, ausgebauten, staatlichen Infrastrukturen, gesättigte Märkte und nicht zuletzt die demographische Entwicklung müssen sich die Industriestaaten zwangsläufig mit dem Rückgang der Produktion auch bei technischem Fortschritt auseinandersetzen. Die Frage wird dann sein wie man in dieser Situation noch die Beschäftigungssituation verbessern kann. In diesem Sinne ist Suffizienz ein hochaktuelles Thema und müsste mehr Raum in der öffentlichen Debatte einnehmen.