VON NORA GRAF | 26.09.2014 14:07

Was tun gegen das Verschwenden von Lebensmitteln?

Bio-Gouda aus Bayern, ein Glas Tomatensoße aus sizilianischen Bio-Tomaten, fair gehandelter Hochlandkaffee aus Guatemala – die Liste ließe sich noch viel weiter führen. All das kann man in unseren Abfallcontainern finden. Unmengen an Lebensmitteln landen täglich auf dem Müll, oft originalverpackt und mit gültigem Mindesthaltbarkeitsdatum. Laut Angaben der Welternährungsorganisation FAO werden weltweit jährlich 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel weggeschmissen, das entspricht einem Drittel der gesamten Nahrungsmittelproduktion. Das ist alles andere als nachhaltig für die Umwelt: Die Lebensmittelproduktion verbraucht wichtige Ressourcen und Unmengen an Treibhausgasen werden freigesetzt. Sowohl Verbraucher als auch Händler sind in der Pflicht, die Lebensmittelverschwendung einzudämmen.


Abschaffung des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD)

Um der Verschwendung von Lebensmitteln zu begegnen, will die EU das Mindesthaltbarkeitsdatum für bestimmte Produkte abschaffen. Bei Salz, Zucker oder Essig gibt es den Aufdruck „Mindestens haltbar bis...“ schon nicht mehr. Bis Ende 2015 wollen die EU-Länder – darunter auch Deutschland – für eine Reihe weiterer Lebensmittel die Etikettierung abschaffen. Nudeln, Reis, Hartkäse, Tee oder Kaffee sollen der Liste, die laut EU-Recht keine Angaben bräuchten, hinzu gefügt werden. Greenpeace und andere Umweltschutzorganisationen fordern schon seit Längerem eine Erweiterung dieser Liste.

Kai Falk, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes HDE, begrüßt diesen Vorschlag. „Das ist ein sinnvoller Schritt, um Lebensmittelabfälle zu verringern.“ Denn seiner Meinung nach werden Lebensmittel oft einfach aus Unsicherheit weggeworfen. Viele Verbraucher verwechselten das Mindesthaltbarkeitsdatum mit dem Verfallsdatum. Das Datum zeigt aber nur an, wie lange die Waren auf jeden Fall halten, ohne an Geschmack oder Qualität einzubüßen. In der Regel sind sie danach immer noch essbar. Laut einer Studie wirft jeder Deutsche pro Jahr etwa 82 Kilo Lebensmittel weg, einen großen Teil davon, weil das MHD abgelaufen ist und nicht, weil die Produkte verdorben sind.

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Auch die Industrie ist in der Pflicht

Viele der Nahrungsmittel, die auf dem Müll landen, erreichen unsere Kühlschränke jedoch erst gar nicht. Studien zufolge entsorgen die Supermärkte in Deutschland Lebensmittel im Wert von rund 1,6 Milliarden Euro pro Jahr, also rund 550 000 Tonnen. Und das oft schon einige Tage vor Ablaufen des Mindesthaltbarkeitsdatums – ganz im Sinne der Frischepolitik. Die noch guten Waren landen auf dem Müll, um Platz für frische zu machen. Den Verlust planen die Händler schon mit ein – je nach Supermarkt werden zwei bis sechs Prozent bei den Preisen mit einberechnet – und das zahlt letztendlich der Verbraucher.

Um das Problem an der Wurzel zu packen, hat ein junges Team aus Köln die App FoodLoop entwickelt. Die Idee dahinter: Lebensmittel mit bald ablaufendem MHD sollen dem Käufer angezeigt werden, der diese dann günstiger erwerben kann. Eine App für ressourcenschonendes, nachhaltiges Einkaufen, die den Konsumenten für bewusstes Einkaufen belohnt.

Die App läuft über einen Barcode, den GS1 DataBar, den es schon seit 2008 gibt. Im Gegensatz zum herkömmlichen Barcode speichert dieser auch das MHD der Nahrungsmittel. FoodLoop sammelt die Daten aller Waren auf einer externen Datenplattform, die wiederum mit den Warenwirtschaftssystemen der Einzelhändler kommuniziert. Kurz bevor die Produkte ablaufen, reduziert das System ganz automatisch die Preise und informiert Händler und Käufer.

Im Moment existiert nur ein Prototyp der App. Bis 2020 wollen die FoodLoop-Gründer alle Supermärkte mit ihrer Innovation ausstatten. Bislang fehlt es vor allem an Händlern, die kooperieren, um die Idee umzusetzen. So hängt es zur Zeit wieder einmal noch beim Verbraucher, schonender und nachhaltiger mit unserer Umwelt umzugehen.