VON CLEMENS POKORNY | 02.04.2013 16:45

Andere Länder, andere Konsumgewohnheiten?

Durch die Globalisierung gleichen sich die Konsumgewohnheiten der verschiedenen Kulturen tendenziell aneinander an. Das ist oftmals verheerend, denn der Konsumismus nach westlichem Vorbild bedroht das Weltklima.

Was Menschen konsumieren, hängt wesentlich von der Kultur ab, in der sie sozialisiert werden. Doch im Zuge der Globalisierung breitet sich der westliche Konsumismus weltweit aus – mit kaum zu ermessenden negativen Folgen für den Menschen und seine Umwelt. Mit der „Agenda 21“, die auf der internationalen Rio-Konferenz der Vereinten Nationen von 1992 beschlossen wurde, setzten sich erstmals 172 Nationen u.a. für eine Änderung ihrer Konsumgewohnheiten ein.

Dass Japaner Erfindungen und Lebensstil westlicher Länder ohne Assimilierung an die eigene Kultur kopier(t)en, ist ein gängiges Vorurteil. Dass sie in den 1980er-Jahren anfingen, im größeren Stil Bier zu brauen, weiß kaum jemand. Schon vorher hatte es dort kleinere Brauereien gegeben, doch erst nachdem viele in Europa ausgebildete Japaner in ihre Heimat zurückkehrten, stieg die Nachfrage nach dem Getränk, das sie im Westen schätzen gelernt hatten, derart an, dass der Bedarf seither von immerhin drei Großbrauereien gedeckt wird. Bierkonsum in Japan steht somit beispielhaft für die Veränderung von Konsumgewohnheiten durch die Globalisierung.

The American Way of Film

Viel stärker wird Konsum durch die Verwestlichung, genauer: die Amerikanisierung der Lebensstile weltweit beeinflusst, die sich mit Globalisierung und steigendem Lebensstandard ausbreitet. Einen Schlüssel zum Verständnis dieses Phänomens liefert die Betrachtung des Umgangs der US-Amerikaner mit Geld. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten kamen Privatleute lange nicht auf die Idee, konsequent zu sparen. Anders als in Europa wurde ab dem 19. Jahrhundert in den USA das Sparen von staatlicher Seite kaum gefördert, etwa durch die Gründung von Sparkassen. Dass das Land als materiell gestärkter Sieger aus dem 2. Weltkrieg hervorging, förderte eine konsumistische Kultur, in der Verbraucher durch das, aufgrund von staatlicher Förderung, immer weiter ausgedehnte Kreditwesen zum Konsum auf Pump eingeladen wurden. Als in den 1980er-Jahren die US-amerikanischen Finanzmärkte weitgehend dereguliert wurden, lebten die Menschen noch mehr über ihre Verhältnisse – bis die Finanzblase im Sommer 2007 endgültig platzte und aufgrund der globalen Verflechtungen der Banken die (Finanz-)Wirtschaft auch vieler anderer Länder in eine Krise stürzte. Übrigens lehnen US-Wirtschaftswissenschaftler Sozialleistungen mit der Begründung ab, dass sie ihre Empfänger vom Sparen abhielten. Tatsächlich können die 48% der US-Amerikaner, die unter der Armutsgrenze leben, gar kein Geld sparen (aber auch kaum durch Konsum die Wirtschaft ankurbeln), während die europäischen Sozialstaaten eine hohe Sparquote aufweisen.

Nach Art von Uncle Sam zu konsumieren ist also hochriskant – und zerstört zudem unsere Lebensgrundlagen. Während die USA nur 5% der Weltbevölkerung repräsentieren, verbrauchen sie 33% der weltweit erzeugten Konsumgüter. Wenn alle mit den natürlichen Ressourcen so verschwenderisch umgingen wie sie, könnte unser Planet nur 1,4 Milliarden Menschen ertragen. Die renommierte Forschungseinrichtung „Worldwatch Institute“ brandmarkt den weltweiten Konsum denn auch als „Klimakiller Nummer Eins“.

Doch auch in den USA gibt es erste Hoffnungsschimmer zu sehen: So hatte sich Kalifornien freiwillig dazu verpflichtet, bis 2012 mindestens 20% seines Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien zu decken. Schon 1992 wurde von der Rio-Konferenz mit Artikel 4 der Agenda 21 die Veränderung der globalen Konsumgewohnheiten als langfristiges Ziel festgeschrieben. Nachhaltiger Konsum als eine Form politischen Konsums gehört unter vielen Bildungsbürgern hierzulande schon fast zum guten Ton. Doch gerade in den Schwellenländern wie China oder Brasilien gelten luxuriöse Konsumgüter nach wie vor als Statussymbole, und auch in Deutschland steht dem steigenden Verbrauch von Bio-Lebensmitteln ein ausufernder Retourenwahnsinn im Online-Versandhandel entgegen, der die Umwelt erheblich belastet.

Fazit: In einer globalisierten Welt nivellieren sich tendenziell die Unterschiede in den Konsumgewohnheiten, aber die wirtschaftlich aufstrebenden Nationen scheinen die konsumistischen Fehler der Industrieländer zu wiederholen bzw. zu verstärken.