VON CHARLOTTE MEYER | 02.10.2015 13:10

Erschreckend unbeachtet – Kinderrechte in Deutschland und weltweit

Kinder sind Besitztümer der Eltern. So galt es zumindest von der Antike bis zur Einführung von ersten Kinderrechten im 19. Jahrhundert. Mittlerweile scheint diese Auffassung mehr als unzeitgemäß. Dennoch ist erschreckend, wie wenig Beachtung Kinderrechte weltweit erfahren, auch in Westeuropa. Das erweckt den Anschein, als ob die antike Vorstellung immer noch gilt. Wie es in Deutschland um die Kinderrechte steht und wie viele Verletzungen sie im derzeitigen Kriegsgebiet Syrien erfahren haben, schildert UNI.DE.


54 Artikel als Vorlage für Kinderrechte weltweit

Das Kinderrecht nahm einen langsamen Anlauf erst im Großbritannien des 19. Jahrhunderts. Dort wurde 1833 das Verbot für Kinderarbeit unter neun Jahren erlassen. In Deutschland hingegen verbot das Bürgerliche Gesetz erst 1896 Eltern die grobe Misshandlung und unangemessene Züchtigung ihrer Kinder. Zu diesem Zeitpunkt wurden Kinder allerdings vor Gericht noch wie Erwachsene behandelt und die Kindheit hatte keinen besonderen rechtlichen Status. Das änderte sich mit der Einführung von Gerichten für Jugendliche 1899 in den USA, wodurch eine besondere institutionelle Behandlung von Jugendlichen festgehalten wurde. Seitdem hat sich einiges entwickelt. 1979 etwa begannen die Vereinten Nationen Verhandlungen zu einer Kinderrechtskonvention und zehn Jahre später, 1989, wurde diese fertiggestellt. Diese wurde mittlerweile von fast allen Ländern der Welt ratifiziert und hat so mehr Mitgliedsstaaten als alle anderen UN-Konventionen. Sie enthält 54 Artikel, dabei unter anderem das Recht auf Gleichbehandlung, das Kinderrechte für alle Kinder festsetzt oder das Recht auf Schutz und Fürsorge, in dem steht, dass Kinder besonderen Schutz zum Beispiel vor Kinderarbeit oder Gewalt brauchen. Auch Eltern werden nicht außen vor gelassen: So besagt das Recht auf Leben und Entwicklung, dass Eltern und Politik dafür sorgen müssen, dass Kinder alles haben, was sie zu Leben brauchen. Beispielsweise Essen, ein Bett und die Möglichkeit zu Lernen in der Schule. Aber auch die Meinungen von Kindern sind im Recht auf Beteiligung geregelt – Kinder sollen ihre Meinung sagen dürfen und diese soll auch beachtet werden. Sie dürfen immer ihre Meinung sagen und dürfen mitbestimmen wenn es um sie geht. Das Recht auf Spiel, Freizeit und Ruhe bestimmt zudem, dass Kindern neben der Schule Freizeit gegeben werden muss, in der sie Dinge machen können, die ihnen am meisten Spaß machen, ob Sport, Musik, Malen oder ähnliches. Besonders aktuell ist derzeit der Artikel zum Recht auf Schutz im Krieg und auf der Flucht. Muss ein Kind flüchten, sind alle Unterzeichnerstaaten der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet, ihm Recht auf Asyl zu gewähren. Auch, wenn es seine Eltern nachholen will. Umgekehrt dürfen Eltern auch ihr Kind aus dem Herkunftsland nachholen, wenn sie allein geflüchtet und in Sicherheit sind. Vor allem im Zuge der großen Flüchtlingsbewegung nach Deutschland sind diese Bestimmungen besonders akut, denn mindestens ein Viertel aller Geflüchteten sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Dabei gelten im neuen Land für das Kind die gleichen Rechte wie für alle anderen Kinder auch. Auch Gewalt gegen Kinder ist durch das Recht auf Schutz vor Ausbeutung und Gewalt verboten. Sie dürfen weder geschlagen, eingesperrt, noch unter Druck gesetzt oder zu etwas gezwungen werden wovor sie sich ekeln oder fürchten.

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In Deutschland sind Kinderrechte noch längst nicht vollkommen umgesetzt

Schaut man sich diese Liste der Regelungen an, die bei weitem nicht alle Bestimmungen der Konvention einschließt, denkt man sich, dass manche Eltern auch in Deutschland sich die Konventionen vielleicht einmal genauer ansehen sollten. Tatsächlich werden auch hier Kinder geschlagen oder ausgegrenzt und jedes zehnte Kind wächst in relativer Armut auf. Laut UNICEF Deutschland haben die Ansprüche von Kindern hier noch längst keinen Vorrang in Gesellschaft und Politik und sind nicht hundertprozentig umgesetzt. Viele Menschen kennen die Bestimmungen der Kinderrechtskonvention nicht einmal. Doch mit der Lobbyarbeit für Kinderrechte mit der Konvention als Argumentationsgrundlage konnte schon einiges erreicht werden. Beispielsweise ist in Deutschland seit 2000 das Recht auf gewaltfreie Erziehung gesetzlich garantiert und Kinder von unverheirateten Eltern haben mittlerweile die gleichen Rechte wie die von verheirateten. Viele Bestimmungen, die für uns selbstverständlich scheinen sind also erstaunlicherweise noch gar nicht so lange in Kraft. Und das gilt für die Bestimmungen in Deutschland. In anderen Ländern mag die Situation noch einmal ganz anders aussehen.

Essentielle Grundrechte von Kindern in den meisten Ländern der Welt verletzt

Besonders problematisch ist die Situation der Kinderrechte derzeit in der Bürgerkriegsregion Syrien. Hier werden nicht nur täglich Kinderrechte wie die Rechte auf Unversehrbarkeit, Gesundheit, Nahrung, Bildung und Leben verletzt, sondern auch unter den Todesopfern des Krieges sind Kinder. Sie sind einer sicheren Umgebung beraubt und leben in Unsicherheit und ständiger Angst. Zum Teil werden Kinder als Geiseln gehalten oder gar als Krieger rekrutiert. Krankenhäuser sind zerstört sowie die Nahrungs- und Wasserversorgung beeinträchtigt, was die Rechte auf Gesundheit und Nahrung verletzt. Auch hat der Krieg Auswirkungen auf die Bildung der Kinder, die ihrer Schulpflicht oftmals nicht mehr nachkommen können. Angesichts des schwelenden Konflikts scheint gerade das Recht auf Bildung nicht vordergründig wichtig. Jedoch ist es sehr entscheidend, damit diese Generation von Syrern nicht zu einer „verlorenen Generation“ heranwächst. Weltweit sind die Lebensbedingungen und Rechte von Kindern je nach kulturellem, politischem oder wirtschaftlichem Hintergrund unterschiedlich. Insgesamt sind laut des internationalen humanitären Vereins „Humanium“ die Bedingungen für Kinder global noch immer besorgniserregend. Essentielle Grundrechte Minderjähriger werden im Großteil der Welt verletzt und sogar in den Industrieländern haben nicht alle Kinder gleiche Rechte und werden oft Opfer von Gewalt, Diskriminierung oder Missbrauch. Das ist niederschmetternd und sollte so nicht sein. Die Kinderrechtskonvention sollte gänzlich verpflichtend für alle Eltern werden. Kinder sind nun schon lange nicht mehr das Eigentum ihrer Erzeuger.