VON Maximilian Reichlin | 10.01.2015 15:30

Computerkenntnisse deutscher Schüler: „Hierzulande lernen Schüler den Umgang mit Computern trotz Schule“

Was Computerkenntnisse angeht, sind deutsche Schüler im internationalen Vergleich nur mittelmäßig begabt. Zu diesem Ergebnis kommt eine im vergangenen November veröffentlichte Vergleichsstudie. Bildungsexperten befürchten, dass dieser Mangel zu erheblichen Problemen im späteren beruflichen und gesellschaftlichen Leben der Schüler führen könnte. Verantwortlich für den Missstand seien vor allem die unzureichende Ausstattung der Schulen und das fehlende Engagement der Lehrer. UNI.DE informiert.


Der sichere Umgang mit Computern und neuen Medien wie dem Internet spielt in unserer Zeit vor allem beruflich eine immer wichtigere Rolle. Eine repräsentative Vergleichsstudie der „International Association for the Evaluation of Educational Achievement“ (kurz: IEA), deren Ergebnisse im November 2014 veröffentlicht wurden, belegt, dass es deutschen Schülern in weiten Teilen noch an Computerkompetenz mangelt. Unter den Achtklässlern der 21 untersuchten Länder belegte Deutschland lediglich den siebten Platz, hinter Ländern wie Tschechien, Kanada oder Südkorea.

Die Macht der Schwarmintelligenz

Über ein halbes Schuljahr zurück

Untersucht wurden in der Studie ICILS (International Computer and Information Literacy Study) vor allem Kenntnisse der Informationsbeschaffung mithilfe von Internetmedien, der Bewertung dieser Informationen und deren Aufbereitung in Form einer Präsentation. Von den rund 2000 deutschen Schülern aus 142 Schulen erreichten dabei nur etwa 1,5 Prozent die oberste der fünf Kompetenzstufen, knapp ein Drittel der Schüler blieb auf den beiden untersten Stufen hängen, deren Anforderungen kaum weiter gingen, als Informationen aus dem Internet zu kopieren und anderswo wieder einzufügen.

Insgesamt 523 Punkte erzielte Deutschland im internationalen Vergleich. Damit liegen deutsche Schüler zwar über dem Studiendurchschnitt von 500 Punkten, allerdings weit hinter dem Spitzenreiter Tschechien (553 Punkte). Welchen Lernunterschied dieser Punkteabstand verdeutlicht, lasse sich wohl am besten mit den Korrelationen einer Pisa-Studie vergleichen, so der Dortmunder Schulforscher Wilfried Bos, der die Studie in Deutschland zusammen mit seiner Kollegin Birgit Eickelmann aus Paderborn leitete. Demnach entsprächen 20 Punkte etwa einem halben Schuljahr.

Geringe Ausstattung, fehlendes Engagement

Die Schuld an dieser Entwicklung geben die Bildungsexperten vor allem der unzureichenden Ausstattung der Schulen: Im Schnitt teilen sich knapp 11,5 deutsche Schüler einen einzigen PC. In Norwegen, mit 537 Punkten zusammen mit Polen die viertplatzierte Nation in der ICILS, kommen dagegen nur 2,4 Schüler auf einen Computer. Zudem bemängeln Bos und Eickelmann das Fehlen von tragbaren Geräten wie Notebooks oder Tablets und die unzureichende Einbindung Neuer Medien in die Lehrpläne. „Hierzulande lernen Schüler den Umgang mit Computern trotz Schule,“ so Bos.

Die in der Studie befragten Lehrer stehen dem Einsatz von Computern im Unterricht indes aufgeschlossen gegenüber, meldeten allerdings Bedenken an: Vor allem die Angst, der Einsatz des Internets könne die Schüler zum Kopieren von Quellen animieren, hält die Pädagogen zurück. Insgesamt hänge die sinnvolle Vermittlung von Computerkenntnissen „noch immer viel zu stark vom Engagement einzelner Schulen oder gar einzelner Lehrer ab,“ so Heike Schaumburg, Medienpädagogin an der Humboldt-Universität zu Berlin. Und auch Uwe Sanders, Professor für Medienpädagogik an der Universität Bielefeld, bescheinigt: Was das Engagement der Lehrer angehe, sei „viel Luft nach oben.“