VON MAXIMILIAN REICHLIN
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31.05.2013 15:48
Biokunststoffe – Umweltschonend und sinnvoll?
Biokunststoffe sind solche, die nicht, wie herkömmliche Kunststoffe, aus Erdöl, sondern aus überwiegend biologischen Materialien gefertigt werden. Die Hersteller betonen vor allem die umweltschonende Verarbeitung. Kritiker behaupten jedoch, dass Bioplastik gegenüber herkömmlichen Kunststoffen kaum Vorteile, dafür allerdings neue Nachteile mit sich bringe. Ist Bio nicht gleich Bio? UNI.DE hat genauer hingesehen.
Unsere Welt scheint vom Plastik geradezu abhängig zu sein. Nach Schätzungen werden weltweit jedes Jahr 230 bis 280 Millionen Tonnen des Kunststoffs produziert – mit verheerenden Folgen für die Umwelt: das kaum abbaubare Plastik türmt sich auf Mülldeponien und füllt Verbrennungsanlagen. Die Spitze des Müllbergs ist der "Great Pacific Garbage Patch", ein riesiger treibender Teppich aus Plastikabfällen mitten im Pazifik, der nach Schätzungen mittlerweile etwa die Größe von Zentraleuropa erreicht hat. Hinzu kommt, dass die meisten herkömmlichen Kunststoffe aus Erdöl gewonnen werden, wodurch der immense Verbrauch fossiler Brennstoffe vorangetrieben wird. Der Konsens von Politik und Forschung: Kunststoffe müssen ökologischer werden.
Biokunststoffe sind noch keine Lösung...
Zukunft studieren
Masterstudiengang „Life Sciences Economics and Policy“ an der TU München
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Biokunststoffe versprechen Besserung in diesen Bereichen. Da die meisten dieser Stoffe eben nicht aus Erdöl, sondern aus biologischem Material wie Pflanzenfasern hergestellt werden, und dadurch nicht nur die Erdölressourcen schonen sondern auch kompostierbar sind, scheinen sie tatsächlich sinnvoll zu sein. Leider funktioniert diese schöne
Utopie bisher nur theoretisch. Denn obwohl die Biokunststoffe tatsächlich ressourcenschonend sind und durch geringeren CO2-Verbrauch eine bessere Klimabilanz aufweisen, bringen sie gleichzeitig neue Umweltbelastungen mit: Etwa die Übersäuerung der Böden durch die während der Herstellung verwendeten Düngemittel. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Umweltbundesamtes.
Auch die Kompostierbarkeit der Biokunststoffe ist bisher noch rein theoretischer Natur. Der Kunststoff PLA, der aus Maisfasern hergestellt wird und zum Beispiel bei der Herstellung von Joghurt- und Getränkebechern zum Einsatz kommt, zersetzt sich etwa nur unter ganz spezifischen Bedingungen und selbst dann um einiges langsamer, als gewöhnlicher Kompost. Die meisten Kompostwerke verweigern deshalb die Annahme der PLA-Becher und
das Müllproblem bleibt bestehen, bis für den Biokunststoff ein funktionierendes Recyclingverfahren existiert. Hersteller solcher Becher, etwa der Konzern Danone, dürfen daher, seit 2011 eine entsprechende Klage eingereicht wurde, nicht mehr mit der Kompostierbarkeit der Becher werben.
… aber eine gute Idee.
Trotzdem haben die Biokunststoffe Potential. Mittlerweile wird in der Forschung daran gearbeitet, Kunststoffe aus Abfallprodukten zu fertigen, etwa aus Pflanzenresten oder aus exotischen Grundstoffen wie Hühnerfedern und Tiermehl, beides Nebenprodukte der Fleischproduktion. Hier wird Müll zu recyclingfähigen Kunststoffen verarbeitet – das Müllproblem wird hier also von zwei Seiten angepackt.
Wenn die hergestellten Biokunststoffe dann auch noch einen ähnlichen Aufbau und ähnliche Eigenschaften haben wie die Erdölprodukte, ist eine solche Lösung auch
ökonomisch sinnvoll. In den USA und den Benelux-Staaten sind beispielsweise viele Getränkehersteller auf sogenannte „plantbottles“ umgestiegen, Flaschen aus Bio-PET. Dieser Kunststoff ist chemisch identisch mit herkömmlichen PET, basiert allerdings nicht auf einer petrochemischen sondern einer biologischen Komponente. Da der Produktionsvorgang kaum verändert werden muss, sind Produkte aus Bio-PET ein finanziell attraktiver Beitrag zum Umweltschutz. Biokunststoffe sind also bisher noch keine Langzeitlösung für die wachsenden ökologischen Probleme, bieten allerdings einen gelungenen Ansatz für Verbesserungen.