VON ANJA KAUFFMANN | 27.07.2010 10:29

Die Legende von Paul und Paula

Das Fussballherz weint. Nun heißt es zwei Jahre warten, bis die deutschen Fanaccessoires wieder zum Einsatz kommen können.

Eine ganze Nation hat ihre Helden im Nationaltrikot wie Weltmeister gefeiert, auch wenn ihre Leistung nicht so gut war wie beispielsweise die eines gewissen Kraken. Doch Moment, wir müssen ja gar nicht zwei Jahre lang warten, denn nächstes Jahr spielen Deutschlands Frauen. Und unsere Fussballdamen haben die Chance, ihren Weltmeisterschaftstitel zu verteidigen, bereits zum zweiten Mal, was nebenbei bemerkt, den Männern nie gelang, weder in der deutschen noch in anderen Nationalmannschaften. Dabei spielen die Frauen erst ihre 6. Weltmeisterschaft. Ein Sommermärchen im eigenen Land – Deutschland trägt die Weltmeisterschaft aus – könnte in aller Munde sein. Vielleicht sogar mit Happy End im großen Finale. Das Sommermärchen der Frauen kann sogar mit einem echten Prinzen aufwarten: Birgit Prinz.


Es ist an der Zeit, die von den Männern erbrachte Leistung etwas genauer zu betrachten. Der Krake Paul zum Beispiel ist gar kein Leistungsträger, er hatte lediglich Hunger. Obwohl ihm sein Appetit einen Wikipedia-Eintrag und dem Sea Life Centre in Oberhausen jede Menge Geld einbrachte. Und was die Nationalmannschaft betrifft, so kann man festhalten, dass sie eine ordentliche sportliche Leistung vollbracht, aber nur den Titel der Meister der Herzen errungen haben. Wenn die Rede von „der Nationalmannschaft“ ist, dann sind übrigens stets die Männer gemeint, denn der DFB entscheidet klar zwischen „die Nationalmannschaft“ und „Frauen-Nationalmannschaft“. Nicht dass jemand auf falsche Gedanken kommt und „die deutsche Nationalmannschaft“ mit dem Frauenteam verwechselt.


Stellen wir doch einmal einen Vergleich der Nationalteams und Bundesligen beiden Geschlechts an, um die Leistung der Männer und Frauen besser einordnen zu können. Die Frauen haben sechs der zehn vergebenen Europameistertitel geholt, die Männer drei von vierzehn Titeln. Ballack & Co., bzw. Lahm & Co., leben vom Fussball. Sie verdienen Millionen im Jahr. Selbst wenn man nicht in der Nationalelf spielt, hat man oft bestimmte Privilegien. Selbst einige Oberligamannschaften übernachten nach Auswärtsspielen in einem Hotel. Die Fussballerinnen der Frauen-Bundesliga fahren hingegen stets nach jedem Spiel mit dem Bus nach Hause, egal wie weit der Weg ist. Fast alle Spielerinnen gehen nebenbei zur Schule, studieren oder arbeiten. Vor 40 Jahren wurde sogar einmal beschlossen, dass Frauen aufgrund „ihrer schwächeren Natur“ eine halbjährige Winterpause einlegen müssen. Heutzutage tragen die Spielerinnen nicht nur ganzjährig Spiele aus, sondern nebenbei auch noch ihre Kinder. Sie müssen sich jeden Schritt erkämpfen. Bis 1997 gab es nicht einmal eine eingleisige Frauen-Bundesliga und während die Fussballspielerinnen als Siegprämie für Europameistertitel Kaffeeservice und Bügelbrett bekamen, gab es für die Männer schon immer Geldprämien.


Das Bild vom Frauenfussball hat sich in den letzten Jahren jedoch stark geändert. Genauer gesagt, die Leistung der Fussballfrauen hat das Bild geändert. Schritt für Schritt, Titel für Titel, haben sich die Frauen einen Namen gemacht und die Zuschauerquote und weiblichen Mitgliederzahlen beim Deutschen Fussballbund in die Höhe getrieben. Der Männerfussball boomt zwar bereits seit Jahrzehnten, aber nicht weil die Männer stets gute Leistungen bringen und die Zuschauer damit in ihren Bann ziehen, sondern weil der Fussballsport an sich schon immer beliebt war. Der Frauenfussball erlebt erst seit ein paar Jahren einen Aufschwung, der hingegen allein dem Verdienst der Spielerinnen zuzuschreiben ist. Darum sollten wir unsere Deutschland-Fanartikel nicht zu weit nach hinten in die Schublade packen, in einem Jahr ist nämlich wieder Frauen-WM und unsere Damen sind sicherlich ganz vorne mit dabei. Und während Birgit Prinz ihre Länderspielquote jenseits der 200 weiter ausbaut und die Damen den dritten WM-Titel anvisieren, sollte sich Fussballdeutschland vielleicht einen neuen Kraken zulegen. Paula kann dann, genau wie die Fussballfrauen, eine lupenreine Serie bei der WM im eigenen Land hinlegen und bekommt dann vielleicht auch ein eigenes Miesmuschelservice.