VON RICHARD KEHL | 03.02.2011 15:06

Welt-Beziehungen im Wandel

Die arabische Welt ist im Umbruch. Der Westen ist um seine internationalen Beziehungen im Nahen Osten besorgt. Neben Tunesien und Ägypten brodelt es bereits in anderen arabischen Ländern, die nach Veränderung streben. Welche Chancen aber auch Risiken ergeben sich dadurch?

Ägypten ist ein wichtiger Verbündeter in der arabischen Welt für die USA. Ägypten wird von den USA jährlich mit 1,5 Milliarden US Dollar unterstützt. In Ägypten sowie in Tunesien herrschen Diktaturen. Die tunesische Regierung hat das Volk ausgebeutet, Vetternwirtschaft im großen Stil betrieben und das erwirtschaftete Vermögen unter sich aufgeteilt. Während Ben Ali’s Verwandtschaft in Luxus lebte, litt die Bevölkerung unter dessen Regime immer mehr an Armut.

Nicht viel anders verhält es sich mit Ägypten: Der Großteil der Ägypter sieht sich als eine Bananenrepublik der USA - und Mubarak als deren Boten. Nach den tagelangen Massen-Protesten hat der ägyptische Staatspräsident Husni Mubarak (82) nun angekündigt, nicht mehr als Kandidat für eine weitere Amtszeit zu kandidieren. Doch Obamas anschließender vierminütiger „Friedensappell“ an das ägyptische Volk und Militär sowie Mubaraks Ankündigung, er wolle bis zum Ende der Legislaturperiode im Amt bleiben, verschärfte die Stimmung im Land. Der Opposition und dem Volk, angeführt von der islamischen Bruderschaft, ist Mubaraks Ankündigung nicht genug. Sie wollen, dass er sofort zurücktritt. Es bilden sich immer mehr gewaltbereite Parteien von Mubarak-Anhängern und eine Masse an Mubarak-Gegnern. Ägypten wird langsam aber sicher zum Krisenherd, nicht nur in der islamischen Welt. Eine wichtige Schlüsselrolle spielt dabei das Militär, das die Fäden für Ordnung oder Chaos in der Hand hält.

Nachdem das Internet, das Mobilfunknetz und der arabische TV Sender Al-Dschasira tagelang gesperrt waren, lockerte die Regierung mittlerweile Kommunikationsblockaden und auch die Ausgangssperre. Facebook und Twitter waren entscheidende Medien, über die sich die Menschen in Ägypten organisieren, mobilisieren und propagieren. Auch Mubarak selbst informiert sich über Facebook, über seinen Status und die Unruhen im Volk von Ägypten.

Die Muslimbrüder, auch Muslimbruderschaft genannt, bildet momentan den stärksten Teil der Opposition. Die Organisation hat sich 1929 aus sechs Suezkanal-Arbeitern gegründet und setzt sich für das Ziel der Rückkehr zum ursprünglichen Islam sowie für die Errichtung einer islamischen Ordnung ein. Heute ist die islamische Bruderschaft zu den einflussreichsten Gruppierungen in der islamischen Welt angewachsen. Obwohl Ägypten nur 1% des Weltvorkommens an Öl liefert, bildet der Suezkanal eine wichtige Schnittstelle für den internationalen Öltransport. Hier werden jährlich 2 Millionen Barrel Öl befördert, das entspricht 5% des Weltvorkommens an Öl.

Die Unruhen in der islamischen Welt könnten einerseits einen demokratischen Wandel mit sich bringen, aber auch eine Radikalisierung der islamischen Welt. Viel hängt von der künftigen Machtergreifung ab, und wie bereits erwähnt wird das Militär hier eine Schlüsselrolle einnehmen. Vor allem die junge Bevölkerung in der islamischen Welt hat keine Arbeit und kaum Perspektiven. Während Touristen und Parteifunktionäre samt Verwandtschaft in Luxus schwelgen, muss der Großteil der Bevölkerung ohne großen Luxus auskommen. Forscher sehen hier eine Chance, um Großprojekte für erneuerbare Energien, wie z.B. Desertec, ins Leben zu rufen, um so für ausreichend Arbeitsplätze und allgemeinen Wohlstand zu sorgen. Skeptiker beobachten dagegen eine Radikalisierung der islamischen Welt. Extremisten könnten demnach ans Ruder gelangen und die Unruhen für ihre Machtergreifung ausnutzen. Sicher ist, dass das Land sich im Umbruch befindet, vergleichbar dem Fall der Berliner Mauer. Bleibt abzuwarten, wie sich das auswirken wird.

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