VON RICHARD KEHL | 29.10.2010 13:42

Von der Wertschöpfung zur Wertschröpfung

Die Gier und die Dummheit des Menschen führt immer mehr dazu, dass sich einige Menschen auf Kosten der Allgemeinheit bereichern. Es wird nur der Moment gesehen ohne die Folgen. Das kann Raubbau an der Natur sein, Steuerhinterziehung, Immobilien oder Finanzspekulation...

Unsere Ozeane waren einst voll mit Lebewesen. Lebewesen wovon eine ganzes Dorf, Provinz oder Stadt ihren Lebensunterhalt damit verdiente. Das Fischen war Philosophie eine Lebenseinstellung. Man hat schlechte und gute Fangtage. Die Natur konnte sich erholen. Das natürliche Gleichgewicht war noch vorhanden.

Heute fischen wir im industriellen Großstil ganze Ozeane leer, nichts wird dem Zufall überlassen. Mittels Sonartechnologie und Luftaufklärung wird auch noch der letzte Fischschwarm aufgespürt und mittels Schleppfangnetze oder anderer verbotener Methoden, wie Leinenfischerei, aus dem Meer gefischt. Die Romantik des Hochseefischens beim Fang von Schwertfischen ist ebenfalls dahin. Es gibt kaum noch Bestände. Der Natur wird keine Zeit mehr gegeben sich zu erholen, das natürliche Gleichgewicht gerät immer mehr aus den Fugen, der Klimawandel sorgt zudem für andere Plagen und Über-Population bei Quallen oder anderen "für den industriellen Fang" uninteressante Meereslebewesen. Ganze Arten sind vom Aussterben bedroht und nur noch wenige Nationalparks bieten Oasen für die artenreiche Unterwasser-Fauna und Flora.

Der Hai ist noch der Räuber der Meere und muss nur noch ein anderes Raubtier fürchten: den Menschen. Die Flossen als Delikatesse verehrt, werden Haie beim lebendigen Leibe abgeschnitten, der Körper zurück in den Ozean geworfen und dort elendig verendet.

Der Mensch bereichert sich aber nicht nur an Haifischflossen, sondern auch an den Mitmenschen. Während Mensch in Dritte Welt Länder ausgebeutet werden, bereichern sich andere an deren Arbeit. Oder ein anderes Beispiel: Die Banken- und Immobilienkrise: ganze Hotelketten stehen leer mit künstlichen Golfparks, die nie benutzt werden, nur um die Immobilienblase weiter im nominalen Wert nach oben zu treiben. Kleinanlegern wurde in Immobilen das Paradies versprochen, sie fanden darin die Hölle.

Man spricht daher auch in der Wirtschaft von "Haifischbusiness": Was einem in die Quere kommt, wird geschluckt. Egal ob Finanz- oder Immobilenhai. Haie leben an der Spitze der Nahrungskette, sie fressen statt gefressen zu werden. Haie leisten, im Gegensatz zu anderen Meeresbewohnern keinen großen Teil in der Wertschöpfungskette. Zwar gehören auch Haie zu den Aasfressern und vertilgen auch kranke Fische - das war aber auch schon alles. Bei einigen lebend gebärenden Haien gibt es sogar den Embryonalkannibalismus: hier fressen sich die Ungeborenen Haie sich im Mutterleib gegenseitig auf - nur der Stärkste überlebt. Eine Unsitte die auch in der Wirtschaft stattfindet.

Zwar fressen hier immer öfters die Schnellen die Langsamen und nicht mehr die Großen die Kleinen. Trotzdem gibt es immer wieder Fälle, die am gesunden Menschenverstand zweifeln lassen: Nach der Immobilienkrise sorgte die Lichtenstein CD mit millionenschweren Steuersündern für Schlagzeilen. Statt Knast zahlten die Steuersünder nach und kehrten in ihre Villen zurück. Ein vorsätzlicher Millionenbetrug blieb gänzlich ungeahndet. Nicht genug: Finanzberater und Banken wurden noch verklagt warum sie ihre Klienten nicht frühzeitig gewarnt hätten. Steuern dienen zum Wohle des Staates und seiner Mitmenschen, aber das verstehen sogenannte einige Superreiche wohl nicht ganz.

Auf Kosten der Allgemeinheit bereichern sich einige Menschen persönlich ohne Rücksicht auf Verluste. Finanzberater, Investmentbanker und Immobilienhändler sind die Haie des Systems, nicht alle, aber es gibt immer Schwarze Schafe auch unter Haien, die den Hals nicht vollkriegen können. Im Gegensatz zu Krankenpflegern, Mauern, anderen Arbeitern, nur als Beispiel zu nennen, leisten Finanzberater, Investmentbanker und Immobilienhändler ebenso keinen konstruktiven Beitrag zur Wertschöpfungskette. Sie bedienen sich am vorhandenen Kapital, schlagen Zinsen oder Courtagen drauf und beanspruchen ihren Teil für sich. So vermehrt das Finanzsystem bereits vorhandenes Kapital, schafft aber keine neuen Werte.

Die Menschheit ist gerade dabei sich selbst ihrer Lebensgrundlagen zu entledigen - Zeit für ein Umdenken auch bei den Oberen Zehntausend.