VON CHARLOTTE MEYER
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24.08.2015 15:45
Die Unabhängige Patientenberatung bald abhängig?
Das deutsche Gesundheitssystem ist kompliziert. Ist man nun auf eine Leistung der Krankenkasse angewiesen kommt oft Unsicherheit hinzu: Brauche ich das wirklich? Wer kommt für die Kosten auf? Profitiert jemand davon? Eine unabhängige und kompetente Beratung zu diesen und anderen Fragen lieferte bislang die Unabhängige Patientenberatung. Doch nun soll sie an einen privaten Betreiber vergeben werden. Gibt es dann gar keine interessensneutrale Beratung mehr für Patientinnen und Patienten? UNI.DE zum Streit um die Vergabe der unabhängigen Patientenberatung.
Kostenlose und unabhängige Beratung laut Gesetz
Unabhängige Patientenberatung Deutschlands – kurz UPD – ist eine unabhängige Beratungsmöglichkeit für Fragen rund um die Rechte von Patientinnen und Patienten, zu Arzneimitteln oder zu Leistungen der Krankenkasse. Der Auftrag der UPD ist laut Sozialgesetzbuch, eine kostenlose Beratung und Informierung von Patientinnen und Patienten bereitzustellen. Das Ziel davon ist, das Gesundheitswesen stärker an der Patientin oder dem Patienten auszurichten und dessen Problemlagen aufzuzeigen. Die UPD versteht sich somit als Beratungs- und Unterstützungsquelle ohne Einfluss von Interessen von Ärzten, Krankenkassen, der Pharmaindustrie oder anderen Akteuren. Sie gründete sich 2006 als gemeinnützige GmbH und hat seitdem den gesetzlichen Auftrag der Patientenberatung, berät in 21 Beratungsstellen bundesweit und bietet ein kostenloses Beratungstelefon in drei Sprachen an. Die Beratungsstellen werden von den Landesverbänden der drei Gesellschafter der UPD angeboten. Dies sind neben dem Sozialverband VdK Deutschland, die Verbraucherzentrale Bundesverband und der Verbund unabhängiger Patientenberatung.
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Viele Beratungsangebote und lokale Vernetzung
Sich in unserem Gesundheitssystem zurechtzufinden ist gar nicht so einfach, denn vieles ist unübersichtlich. Aus Mangel an Informationen treffen Patientinnen und Patienten schnell falsche Entscheidungen oder sind hilflos. Auf der
Internetseite der UPD findet man viele Informationen: etwa zu Psychotherapie, Krankengeld oder zu unterschiedlichen Einzelfällen. Aktuell zum Beispiel zum Fall, wer weiter krankschreiben kann, wenn der Arzt oder die Ärztin im Urlaub ist. Individuelle Beratung gibt es darüber hinaus über eine Online-Beratung, ein Beratungstelefon oder den Besuch einer Beratungsstelle. In den Regionen sind die Beratungsstellen der UPD mit den wichtigsten Anlaufstellen vernetzt und kennen sich vor Ort aus, denn oft ist es schwierig, passende Angebote zur Lösung von Problemen zu finden. Doch das könnte sich bald ändern, denn die Vertragslaufzeit
der bisherigen Anbieter, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Verband der Privaten Krankenversicherung, läuft Ende des Jahres aus. Ab 2016 soll dann die Vertragslaufzeit auf sieben Jahre erhöht werden und schon jetzt
scheint klar zu sein, dass der bisherige Betreiber den Zuschlag nicht erhält.
Mögliche Vergabe an Privatunternehmen kritisiert
Der Favorit im Rennen um den Zuschlag scheint bisher die Duisburger Firma Sanvartis zu sein und nun wird befürchtet, dass die Unabhängigkeit der Beratung zu schwinden droht. Sanvartis ist nämlich selbst als Betreiber von Callcentern für Pharmafirmen und Krankenkassen im Gesundheitswesen tätig. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob dann der Nachfolger der UPD Probleme bei Krankenkassen
überhaupt noch offen ansprechen kann wenn er zu einem Betreiber gehört, der selbst im Dienste der Krankenkassen steht. Die UPD hatte so zum Beispiel eine Lücke bei der Krankengeldgesetzgebung gefunden
und so eine Gesetzesänderung erwirkt. Aus den
Reihen der Ärzte, den Verbraucherzentralen und der SPD und den Grünen kommt indes Widerstand gegen die mögliche Vergabe an Sanvartis durch den Spitzenverband der Krankenkassen. Niemand möchte die Unabhängigkeit der gesetzlichen Patientenberatung verlieren.
Angelika Weikert vom Förderverein Unabhängige Patientenberatung befürchtet zudem, dass die persönliche Beratung vor Ort durch die Vergabe an einen Callcenter-Betreiber wegfallen könnte und man nur noch durch eine Hotline beraten wird. Für den Spitzenverband der Krankenkassen und den Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, scheint klar, dass trotz der Änderungen weiterhin ein bürgernaher Zugang zu unabhängiger und regionaler Beratung bestehen bleibt – wie gesetzlich vorgesehen. Es sei „
ausgemachter Unsinn“, dass die Unabhängige Patientenberatung zum Callcenter herabgestuft werden soll. Das Ziel des Vergabeverfahrens sei lediglich, eine unabhängige Patientenberatung einzurichten, die so vielen Ratsuchenden wie möglich kompetent, schnell, unkompliziert und neutral helfen kann. Mittlerweile wurde im Verfahren zur
Förderung einer unabhängigen Patientenberatung durch einen nicht berücksichtigten Bieter die Vergabekammer angerufen. Sie trifft binnen fünf Wochen ab Antragstellung eine Entscheidung.