Die Finanzkrise: Lange vorbei und nur noch eine unliebsame Erinnerung? Auf keinen Fall. Die Auswirkungen des letzten großen Crashs von 2008 sind noch immer spürbar, noch lange hat sich die internationale Finanzwirtschaft nicht von der Krise erholt. Das beste Beispiel: Griechenland. Doch auch anderswo liegen die Dinge im Argen. Oft ist das für uns mehr als unverständlich, denn die Welt der Finanzen ist für den Otto Normalverbraucher noch immer ein Buch mit sieben Siegeln. Der „Kapitalfehler“ der Bestseller-Autoren Marc Friedrich und Matthias Weik soll das ändern. Nach „Der größte Raubzug der Geschichte“ und „Der Crash ist die Lösung“ legen die beiden Ökonomen nun ihr drittes Buch vor.
Der „Kapitalfehler“ erklärt uns unsere Kapitalfehler
Das Ziel der Autoren: In ihrem aktuellen Buch wollen sie die Kritik an ihren beiden ersten Werken gezielt einarbeiten: Statt der oft vorgeworfenen „oberflächlichen Krisendiagnose“ stehen diesmal vermehrt grundsätzliche, theoretische und leicht ablesbare Fakten auf dem Programm. Weik und Friedrich gehen der Frage nach, wie und warum der Kapitalismus das geworden ist, was er heute ist: Ein „System, in dem nur noch die Interessen von ein paar Dutzend globalen Konzernen, einer immer kleineren Zahl von Superreichen und einer von der Realwirtschaft fast vollständig abgeschotteten Finanzelite zählen.“
Weitere behandelte Fragen im „Kapitalfehler“ lauten: Wer hat das Geld erfunden? Was sind eigentlich Kredite und wie funktionieren sie? Warum kommt es in unserem System mit einer erschreckenden Regelmäßigkeit zu großen Krisen? Und warum zum Geier verhindert das eigentlich niemand? In sieben Kapiteln und auf rund 350 Seiten zeichnen Friedrich und Weik den Werdegang des kapitalistischen Wirtschaftssystems nach, für Laien leicht verständlich. Manchmal etwas zu leicht verständlich, so dass der Leser sich fragen könnte, ob er gerade „Der Kapitalismus für Dummies“ in den Händen hält, an anderer Stelle aber wieder mit beeindruckendem Tiefgang und erkennbarem Sachverstand.
Der „Kapitalfehler“ zwischen Polemik und Sachlichkeit
Dabei beschränken sich die Autoren nicht alleine auf gewohnt pessimistische Prognosen und (beizeiten) polemischen Humor – beides kennen wir bereits aus „Der größte Raubzug der Geschichte“ und „Der Crash ist die Lösung“ – sondern schlagen tatsächlich mögliche Wege aus der Krise vor. Am Beispiel Griechenlands illustrieren Weik und Friedrich etwa, was ein Land während der Krise alles falsch machen kann. Als Gegenentwurf gilt dann Island: Von der Krise ebenso stark gebeutelt, wie der Mittelmeerstaat, mittlerweile aber auf dem Weg der Besserung, mit sinkenden Arbeitslosenquoten und steigendem Bruttoinlandsprodukt. Der „Kapitalfehler“ zeigt die Gründe dafür auf, unterstützt durch harte Zahlen und einige informative Schaubilder.
Schon an den einleitenden Worten ist allerdings abzulesen, dass sich Weik und Friedrich doch noch nicht vollständig der Sachlichkeit verschrieben haben. Oft genug werden die theoretischen und zahlengestützten Betrachtungen von reißerischen Phrasen aufgebrochen, oft genug wird mit dem Finger gezeigt auf „die da oben“, die „Bösen“, die das Finanzsystem an den Rand des Zusammenbruchs geführt haben. Oft genug werden wir, die kleinen Sparer, auf deren Rücken die Krise abgeladen wird, beinahe schon propagandistisch zum Widerstand gegen die Banken und die Spekulanten aufgerufen. Da wird eine zunächst sehr sachlich vorgetragene Abhandlung über die Probleme Griechenlands eben auch mal mit der Forderung beendet: „Mehr Punkrock bitte!“