VON ALEXANDER STIEHLE
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20.09.2012 15:14
Analphabetismus
Das gesprochene und geschriebene Wort bildet die grundlegendste Basis unserer Gesellschaft. Wer es zu etwas bringen will, der kommt nicht umhin lesen und schreiben zu lernen. Doch selbst im Land der Dichter und Denker ist die Zahl der Analphabeten viel größer, als die meisten gedacht haben.
Es gibt verschiedene Arten von Analphabetismus: Von primären Analphabetismus spricht man, wenn ein Mensch weder schreiben, noch lesen kann und diese Fähigkeit auch nie erworben hat. Seit den 1970er Jahren gibt es auch den Ausdruck „sekundärer Analphabetismus“, der beschreibt, dass die Fähigkeit des Lesens und Schreibens wieder verlernt wurde. Von Semianalphabeten ist die Rede, wenn Menschen zwar lesen, aber nicht schreiben können. Schließlich die Form, welche in Deutschland am häufigsten auftritt: der funktionale Analphabetismus. Hierbei können die betroffenen Personen einzelne Buchstaben erkennen und vielleicht auch noch ihren Namen schreiben, allerdings sind sie nicht fähig, den Sinn eines längeren Textes zu verstehen und so keinen praktischen Nutzen davon zu haben.
Inklusion
In Deutschland wird schon lange über die Abschaffung von Sonderschulen diskutiert. In Italien und Österreich gehört das Prinzip Inklusion schon lange zum Alltag. Aber wie genau funktioniert das?
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Die Situation in Deutschland ist viel ernster, wie ursprünglich angenommen. Anfangs wurde die Zahl der Analphabeten auf vier Millionen geschätzt. Das Forschungsprojekt der Universität Hamburg, die „
Level-One Studie“, offenbarte 2011 nun das wahre Ausmaß: 7,5 Millionen Menschen sind funktionale Analphabeten. Das entspricht mehr als 14 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung. Männer (60,3 Prozent) sind viel häufiger von Analphabetismus betroffen als Frauen (39,7 Prozent), ältere stärker als jüngere Menschen. Im Alltag schlagen sich Analphabeten mit Ausreden und Lügen durch. Oft haben sie eine Vertrauensperson, die ihnen zum Beispiel beim Ausfüllen von Formularen hilft.
Die Gründe für den Analphabetismus sind vielschichtig. Ungünstige familiäre und soziale Verhältnisse spielen oft eine Rolle: Probleme in der Familie, desinteressierte und überforderte Eltern, Vernachlässigung. All das kann dazu beitragen, dass Kinder während der Schulzeit nicht richtig lesen und schreiben lernen. Besonders wenn Kinder bei ihren Versuchen zu lesen bestraft werden, kann dies sehr negative Folgen haben und sie verlieren gänzlich die Lust es zu lernen. Ist ein Kind erst mal in diesem Teufelskreislauf gefangen, ist es sehr schwer daraus auszubrechen. Es wird sozial ausgegrenzt und demotiviert. In Familien, in denen Bücher und Zeitungen zum Alltag gehören und in denen schon kleinen Kindern viel vorgelesen wird, tritt funktionaler Analphabetismus so gut wie gar nicht auf.
Hilfe versprechen
Alphabetisierungskurse. Die ersten Kurse gibt es seit 1978 und sie werden hauptsächlich an Volkshochschulen angeboten. Meistens finden die Kurse abends und zweimal die Woche statt. Die Gruppen sind sehr klein, etwa sieben Personen, sodass auf jeden individuell eingegangen werden kann.