VON RICHARD KEHL | 17.05.2010 12:12

Die Wüstenameise: Orientierung durch Schritte zählen?

Eine Studie bzw. Doktorarbeit an der Universität Ulm beweist, wie sich Wüstenameisen anhand von ihren gemachten Schritten in ihrer Umwelt orientieren. Im Gegensatz zum Menschen der Moderne brauchen diese Lebewesen kein Navigationsgerät zur Orientierung – sie haben alles im Kopf gespeichert.

Oft regiert bei Orientierungslosigkeit das Sprichwort: „In der Wüste stehen gelassen.“ Dieses Sprichwort trifft garantiert nicht auf die Wüstenameise Cataglyphis fortis zu.

Sie zählt zu den auffälligsten Erscheinungen, die man an einem heißen Sommertag in der Wüste Nordafrikas, genauer gesagt in einer trockenen Salzpfanne, sehen kann. Sie rennt mit Geschwindigkeiten von bis zu einem Meter pro Sekunde. Das entspricht ca. hundert ihrer eigenen Körperlängen pro Sekunde.

Dabei ist sie jederzeit in der Lage auf direktem Weg zu ihrem Ausgangspunkt zurückzufinden. Aber wie geht das? Die Richtung wird anhand eines Himmelskompass ermittelt und orientiert sich an einem für uns Menschen unsichtbaren Lichtphänomen am Himmel. Dieses „Polarisationsmuster“ verteilt sich großflächig über die ganze Himmelhalbkugel. Wie sich diese Lebewesen also richtungsbezogen orientieren war den Wissenschaftlern schon bekannt, bislang unerforscht war die Messung - und der damit verbundenen Orientierung - bezüglich der zurückgelegten Distanz. Um dem Phänomen auf die Schliche zu kommen wurde in der Universität Ulm eine künstliche, aber dennoch realistische Umwelt für die Wüstenameise nachgebaut, bestehend aus einem Habitat (unterirdischer Bau) und einer Futterstelle.

Der Wüstenameise wurde in einem Sandkanal der Weg zu Futterstelle geebnet. Anschließend wurde die Schiene künstlich verlängert. Nach der Futterfindung will die Ameise ihren Weg in den Bau antreten, bleibt aber nach einer gewissen Entfernung ratlos stehen – einer Entfernung, die der ursprünglichen Weglänge vom Bau zum Futter entsprochen hätte. Ein Indiz dafür, dass die Wüstenameise ihre Schritte zählt! Um das beweisen zu können, ist man in der Universität Ulm – im wahrsten Sinne des Wortes – noch einen Schritt weiter gegangen: Dem Ameisen-Versuchs-Objekt wurden die Beine in Form von angebrachten Schweineborsten-Stelzen beim Rückweg angeklebt und somit künstlich verlängert. Dabei wurde der Wüstenameise kein Leid zugefügt. Das Ergebnis überrascht umso mehr: Der zurückgelegte Weg überschritt die zuvor zurückgelegte Distanz um die künstlich erweiterte Beinlänge. Der Beweis dafür, dass die Wüstenameise sich die Anzahl ihrer gemachten Schritte vom Bau aus merkt und zählt.