VON LISI WASMER | 13.12.2012 15:46

Aus der Hölle in die Hölle: Asylsuchende in der EU

Aus der Heimat vertrieben, im Ausland nicht willkommen. Flüchtlinge aus Krisenregionen wie Tunesien oder Libyen haben es auch in der EU nicht leicht. Zumal die Bedingungen, unter denen Asylsuchende in der EU aufgenommen werden, international massiv variieren. Dabei ringt die EU schon seit 20 Jahren um ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS). Aber ändert das tatsächlich etwas?

Spricht man von der Problematik des Asylsystems der Europäischen Union, wird man unweigerlich auf eine italienische Mittelmeerinsel zu sprechen kommen: Lampedusa wurde im Zuge des Arabischen Frühlings Anfang 2011 geradezu überrollt von Flüchtlingen aus aufständischen Staaten wie Tunesien oder Libyen. Diejenigen, die den oftmals lebensgefährlichen Weg auf die Insel gefunden hatten, fanden schlechte Bedingungen in den Auffanglagern vor und ein Asylsystem, das kaum Besserung versprach. Der humanitäre Notstand wurde ausgerufen, EU-Mitgliedsstatten wegen ihrer fehlenden Unterstützung scharf kritisiert.

Probleme werden abgeschoben

Arabischer Frühling - entfachte Demokratie

Und genau hier liegt das Problem: In wohl kaum einem Bezug treten die internationalen Verschiedenheiten innerhalb der Europäischen Union dermaßen deutlich zu Tage wie hinsichtlich des Asylsystems. Fakt ist, dass viele Länder ihre Mitgliedsstaaten mit „ihren Flüchtlingen“ geradezu allein lassen. Deutschland ist hier keine Ausnahme: Sobald Flüchtlinge aus einem sicheren Drittstaat einreisen, verfügen sie über kein Asylrecht. Das Problem „Flüchtling“ wird den Transitstaaten zugeschoben, über die zig tausende Flüchtlinge ihren Weg in die EU suchen. So nähmen zehn EU-Länder 90 Prozent der Flüchtlinge auf, sagte EU-Innenkommissarin Malmström der TAZ. Die sind mit den Flüchtlingsströmen aber heillos überfordert, wie schon das Beispiel Lampedusa gezeigt hat.

Überhaupt sind es vor allem die Außengrenzenstaaten, in denen Asylsuchende laut TAZ auf miserable Bedingungen stoßen: Überfüllte Auffanglager, schlechter Zugang zu Nahrung, Wasser und Elektrizität – Flüchtlingen bleibt meistens keine Wahl, als die widrigen Umstände hinzunehmen.

Gleiche Bedingungen für alle

Wenn aber schon die Masse an Asylsuchenden nicht gleich verteilt werden kann, so sollen doch zumindest die Bedingungen, unter denen Flüchtlinge in EU-Staaten aufgenommen werden, für die gesamte Europäische Union angeglichen werden. Das Ringen um ein einheitliches Asylsystem begann bereits vor 20 Jahren mit dem Maastrichter Vertrag von 1992. Als gemeinschaftliche Verantwortung wurde damals jedoch ausschließlich die Visapolitik festgelegt. Zwei Dekaden später wurde nun über Kernpunkte der Dublin-II-Verordnung abgestimmt, die den Weg bereiten soll für ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem.

Es geht um eine harmonisierte Bearbeitung von Asylanträgen, um vergleichbare Unterbringungen und einen für die EU angeglichenen Umgang mit Flüchtlingen. Es geht darum, den jahrzehntelangen Zustand der Schwebe zwischen Gemeinschaftlichkeit und Eigenbrötlertum der EU-Mitgliedsstaaten zu beenden.

Startschuss für die nächsten 20 Jahre?

Was nach der Verhandlung um die Dublin-II-Verordnung geblieben ist, kann kaum als befriedigend bezeichnet werden. Politiker wie Ska-Keller, asyl- und migrationspolitische Sprecherin der Grünen äußert sich enttäuscht über das Ergebnis der Abstimmung zum Asylsystem: „Asylbewerberinnen und -bewerber können künftig nach EU-Recht aus allen möglichen Gründen inhaftiert werden.“ Gleiches kritisierte Marei Pelzer von ProAsyl gegenüber der TAZ. Einzig die Haftbedingungen sollen verbessert werden.

Was ebenfalls unverändert bleibt: Wenn ein EU-Mitgliedsstaat einen Asylbewerber aufnimmt, muss er sich um ihn kümmern. Allein. Das deutsche Modell, demnach Flüchtlinge an Transitstaaten überwiesen werden, wird auf die gesamte EU angewandt. Immerhin könnten Länder im Norden der EU den stark belasteten Außengrenzenstaaten Flüchtlinge abnehmen, wenn sie dies denn wollen. Bis die EU ihr Asylsystem aber auf ein tatsächlich zufriedenstellendes Niveau hebt, könnten auch leicht nochmal zwei Dekaden ins Land ziehen.