VON NORA GRAF | 19.01.2015 11:15

Flucht ohne Ende? Flüchtlinge und Integration in Deutschland

Die Zahl der Flüchtlinge, die vor Krieg, Elend oder Terror fliehen, und nach Europa kommen, wird immer größer. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) rechnet mit etwa 230.000 Asylanträgen, die in Deutschland in diesem Jahr gestellt werden. Eine große Aufgabe, vor allem für die Kommunen. Doch was erwartet die Flüchtlinge, wenn sie in Deutschland ankommen? Wie werden sie aufgenommen und welche Hürden müssen sie überwinden?

Steve Patrick lebt schon mehr als zwanzig Jahren in Deutschland. Die Mutter starb nach seiner Geburt und der Vater sagte ihm, sie wäre in Liberia geboren. Der Vater wiederum stammte aus Nigeria und lebt inzwischen nicht mehr. Für all diese Umstände gibt es aber keine Beweise. Und daher kann Steve Patrick auch keine geregelte Arbeit aufnehmen. Denn sein Asylantrag wurde abgelehnt, er soll abgeschoben werden, aber die Behörden wissen nicht wohin. Auch wenn das als Ausnahmefall bezeichnet wird, so ist dieses Schicksal doch Ausdruck einer grundlegenden Absurdität in einem System, das in erster Linie die Abschiebung der Flüchtlinge zum Ziel hat und nicht deren Integration.

Wie bitte?

Will man sich als Laie in dem Chaos des Ausländerrechts zurecht finden, kann man leicht den Überblick verlieren. Fünf Gruppen von Flüchtlingen, für die wiederum diverse eigene Regelungen gelten, gibt es: Asylbewerber, Asylberechtigte, Flüchtlinge nach der Genfer Menschenrechtskonvention, Inhaber von humanitären Aufenthaltstiteln und Geduldete. Je nach Status hat es für die Betroffenen unterschiedliche Auswirkungen – auch für die Integration der Flüchtlinge.

Der Großteil von ihnen verlässt ihre Heimat, um sich ein besseres, sicheres Leben aufzubauen und einen Beitrag zu einer Gesellschaft zu leisten, in der sie leben wollen. Viele wollen arbeiten, dürfen aber oftmals nicht. Dabei wäre es genau das, was ihnen das Einfinden in eine neue Gesellschaft ermöglichen würde. So aber fühlen sich die Flüchtlinge nutzlos. „Das macht sie kaputt, das macht sie depressiv.“, so der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd Richard Arnold (CDU).

Gerade geflüchtete Kinder – sei es mit oder ohne die Begleitung ihrer Eltern – finden belastende Situationen vor, die es ihnen schwer machen, sich in der fremden Gesellschaft einzubinden. Vor allem strukturelle Rahmenbedingungen machen den jugendlichen Flüchtlingen zu schaffen. Es herrschen immer noch drastische Barrieren in Bezug auf Ausbildung oder Studium, die es den jungen Menschen schwer machen, überhaupt eine Aussicht auf Arbeit zu haben. Zum einen liegt es an ihrem festgesetzten Status (Duldung, Gestattung), die es ihnen verbietet eine betriebliche Ausbildung anzutreten. Zum anderen werden zum Teil Zertifikate, die sie in ihrem Heimatland erworben haben, in Deutschland nicht anerkannt und sie müssen diese noch einmal machen.

Fehlende Übergangsregelungen können insbesondere für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge dramatisch werden. Denn mit dem Erreichen des 18. Lebensjahres droht ihnen die Abschiebung, der Wechsel von einer Jugendhilfeeinrichtung in eine Asylantenunterkunft, der Abbruch der Ausbildung sowie das Ende vormundschaftlicher und finanzieller Unterstützung. Hier sollten definitive Regelungen im Gesetz festgelegt werden, um die oftmals traumatisierten Jugendlichen in ihrer Entwicklung zu unterstützen und ihnen eine Perspektive zu bieten.

Wichtig wären in jedem Fall verbindliche Gesetze und Regelungen, aber auch eine Kultur, in der Flüchtlinge grundsätzlich willkommen geheißen werden. Denn genau das würde sich wohl auch jeder wünschen, der sein Heimatland verlassen muss.