VON SINEM S. | 15.11.2012 13:10

Regierungsfreundliche Konzerne

Wegretuschierte Frauen im Ikea-Katalog und verfälschte Suchergebnisse im chinesischen Internet. Dass gigantische Unternehmen wie Ikea und Google sich den Regimen im jeweiligen Land beugen, hinterlässt ein unangenehmes Gefühl. Sollten moralische Verpflichtungen gegenüber demokratischen Grundwerten wie der Gleichberechtigung von Mann und Frau oder der Meinungsfreiheit nicht über marktwirtschaftlichen Überlegungen stehen?

Zum KP-Parteitag in China ist die Zensur wieder auf dem Höchststand - die Regierung setzt sogar verstärkt Mitarbeiter von privaten Firmen ein, um pünktlich zum 18. Parteitag mögliche Regimekritik im Internet zu unterbinden. Bisher konnten technikaffine Internetnutzer mit kostenpflichtigen Anbietern die Cyber-Zensur geschickt umgehen, indem sie einen Proxy außerhalb Chinas benutzen, doch sogar hier schickt China derzeit Störungsmelder durch das Netz, was schwer zu Lasten derjenigen Unternehmen geht, die mit diesen Verbindungen arbeiten müssen. Schon seit einigen Jahren führt die chinesische Regierung gegenüber unerwünschten Websites eine IP-Blockade durch, die „Great Firewall of China“ untersucht IP-Pakete auf unerwünschte Inhalte. Große westliche Suchmaschinenbetreiber, wie zum Beispiel Yahoo und MSN wurden heftig dafür kritisiert, China unmoralischerweise beim Aufbau dieser Firewall behilflich gewesen zu sein, um den Absatzmarkt in China sichern zu können. Sie unterstützen hierbei die Zensurpolitik der chinesischen Regierung, indem sie zensurrelevante Treffer gar nicht erst auflisten und so die Suchergebnisse verfälschen. Unerwünschte Schlagworte wie Demokratie oder Menschenrechte tauchen so erst gar nicht auf. Nur unter dieser Bedingung bekam die chinesische Bevölkerung Zugriff auf die meistgenutzten Suchmaschinen im Internet. Es stellt sich hierbei die Frage, ob gar kein Zugriff die schlechtere Variante für das Volk gewesen wäre, und man so zumindest die Möglichkeit hat, Zugang zur virtuellen westlichen Welt zu erhalten. Google kündigte bereits 2010 an, sein Geschäft in China zu überdenken und google.cn und seine Büros in China zu schließen. Seitdem werden chinesische Nutzer erstmal auf Hongkongs Seite weitergeleitet, weil diese die Zensur nicht unterstützt. Im Moment existiert wieder die alte chinesische Seite, allerdings mit einem gut sichtbaren Verweis auf die Google-Seite Hongkongs. Yahoo geriet in die Schlagzeilen, weil bekannt wurde, dass der Internetgigant im Falle des zu 10 Jahren Haft verurteilten Journalisten Shi Tao die nötigen Informationen an die chinesische Regierung weitergegeben hatte.

Pussy Riot

Doch nicht nur in China unterwerfen sich globale Konzerne dem Regime, um ihren Absatz sichern zu können. Ikea wurde jüngst heftigst kritisiert, weil der schwedische Möbelhersteller in Saudiarabien Frauen aus den Katalogen wegretuschierte. Feministen und Demokratiewächter fühlten sich sofort angesprochen, und veranstalteten sogar Protestaktionen in Ikeafilialen in Europa. Man könne Frauen einfach nicht aus der Wirklichkeit wegretuschieren, so kritische Stimmen. Ikea versuchte sich mit dieser Aktion, den strengen religiösen Vorschriften der betreffenden arabischen Länder anzupassen, die unbedeckte Frauen in der Öffentlichkeit verbieten. Erst kürzlich wurde bekannt, dass Ikea auf ihrer russischen Website ein Werbefoto gelöscht hatte, die sich im Stile der politischen Punkrockband Pussy Riot bunte Sturmmasken über den Kopf gezogen hatte. Im Zuge der Verhaftungen und Gerichtsverfahren um mehrere Mitglieder der kontroversen Band wolle Ikea jegliche politischen Agitationsflächen vermeiden, so Ikea selber.