Ausländer oder Kind von Ausländern sagt man aber nicht mehr. Jetzt heißt es Kind mit Migrationshintergrund. Klingt politisch korrekter. Spricht man wiederum von Kindern mit Migrationshintergrund, dann sind ohnehin nur die „unbeliebten“ oder „schlechten“ Ausländer gemeint. Die, die einmal aus der Türkei, dem Balkan oder früher auch aus Italien kamen. Heute ist der Italiener-Ausländer in Deutschland akzeptiert. Der gehört mittlerweile zu den „guten“ Ausländern, ebenso wie eine Reihe anderer „guter Ausländer“. Oder wer würde in Deutschland über Kinder von zugewanderten Holländern, Franzosen oder Engländern schimpfen? Niemand. Wer sich nicht integriert, schlecht auf dem Bildungsmarkt und damit auch auf dem Arbeitsmarkt abschneidet, kommt mit Sicherheit aus einem der schlechten Ausländer Länder.
Die Zahlen stimmen. Zumindest was die Chancen auf dem Bildungsmarkt angeht. Kinder mit Migrationshintergrund, mit Ausnahme der griechischen Kinder, haben durchweg schlechtere Bildungschancen - und wir sprechen hier wieder nur von den schlechten Ausländer Länder Kindern. Sie sind überproportional selten auf dem Gymnasium und erreichen damit extrem selten das Abitur, aber überproportional häufig auf Haupt- und Sonderschulen vertreten. Zudem gehören sie zu den am meisten betroffenen Kindern, die garkeinen Schulabschluss erreichen.
Welche Identitäten diese schlechten Ausländer Länder Kinder wohl haben? Schlägt man den Begriff Identität bei Wikipedia nach, so heißt es, dass Identität beim Menschen „die ihn kennzeichnende und als Individuum von anderen Menschen unterscheidende Eigentümlichkeit seines Wesens“ sei. Was unterscheidet die Eigentümlichkeit der schlechten Ausländer Länder Kinder von Kindern aus deutschen Elternhäusern? Das sie viel zu häufig nach der Grundschulzeit eine Lehrerempfehlung für die Hauptschule, anstatt für die Realschule oder das Gymnasium erhalten? Oder, dass sie pauschal in Förderunterricht Deutsch gesteckt werden nur aufgrund ihres Migrationshintergrunds. Deutsche Kinder mit Sprachschwierigkeiten bleiben da außen vor. Oder unterscheiden die schlechten Ausländer Länder Kinder, dass ihre Eltern und Großeltern ursprünglich aus einem fremden Land kamen und somit eine andere Identität haben?
Sind die Lebensbedingungen, unter denen schlechte Ausländer Länder Kinder aufwachsen, anders als die von deutschen Kindern? Natürlich sind sie das. Sie unterscheiden sich von deutschen Kindern genau so wie sie sich gleichen. Ein schlechtes Ausländer Länder Kind aus einem Akademiker-Haushalt wird unter ähnlichen Bedingungen aufwachsen wie ein deutsches Kind aus besserverdienendem Haushalt. Dagegen haben schlechte Ausländer Länder Kinder und deutsche Kinder aus Arbeiterfamilien mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen.
Die entscheidende Frage ist nicht ob es Unterschiede zwischen vermeintlich schlechte Ausländer Länder Kindern, guten Ausländer Länder Kindern und deutschen Kindern gibt, und damit auch unter Erwachsenen mit und ohne Migrationshintergrund. Sondern ob ihre unterschiedlichen Identitäten, die sich aus einer Vielfalt von Lebensumständen formen, nicht eine Bereicherung für uns alle sind. Wenn ich mich nun frage welche Identität ich besitze: bin ich Deutsche, Ausländerin oder integrierte Deutsche mit Migrationshintergrund, fällt mir nur eines dazu ein. Ich bin alles. Ich vereine diese Zugehörigkeiten in meiner Identität genau so wie ich Frau, Tochter, Freundin und Soziologin bin. Herr Sarrazin, Deutschland schafft sich nicht ab, sondern fängt gerade erst an seine Identität zu bilden.