VON RICHARD KEHL | 12.11.2010 11:28

„Gefällt mir“

Gefährliche Meinungsäußerung mit Identitätsermittlung im Netz

Studenten aufgepasst: Wer auf Facebook auf den Gefällt mir Button für „Castor schottern“ geklickt hat, kann nicht ausschließen, dass nun die Staatsanwaltschaft Lüneburg gegen einen ermittelt.


Freie Meinungsäußerung ist im Grundgesetz festgeschrieben. Das gilt allerdings nicht für Aufrufe zu kriminellen Handlungen oder Sachbeschädigungen? Zwar hat man hierzulande ein Recht auf politische Meinungsfreiheit, aber auch das hat seine Grenzen. Während früher Menschen ihre Meinungen in Flugblättern kund taten und auch im Dritten Reich deswegen politisch verfolgt wurden, verbreitet man heute seine Meinung oder Gedanken via Internet und Social Media wie Facebook. Aber auch hier sollte man vorher genau lesen, bevor man für etwas, wie auf zum Beispiel Facebook als „Gefällt mir“, oder ähnliche Social Media Buttons anklickt - so geschehen bei der „Castor schottern“ Seite.

Über 4200 Facebook Nutzer haben die Seite und den „Gefällt mir“- Button der „Castor schottern“ Seite auf Facebook angeklickt. Mittlerweile ist die Seite bei Facebook nicht mehr aufrufbar. Die Staatsanwaltschaft sieht dies als Aufruf für eine kriminelle Handlung. Unter Schottern versteht man das Entfernen der Kiessteine auf den Schienen. Dadurch geht die Stabilisation der Schienen verloren, der Castor-Transport wird teurer. Castor Gegner wollen damit einerseits mehr Medienaufmerksamkeit erlangen und Atommülltransporte unrentabler gestalten. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg ermittelt nun primär gegen den Gründer der „Castor schottern“ Seite auf Facebook. Aber das allein reicht nicht aus. Es werden „Radikale“ unter denen vermutet, die „Gefällt mir“ angeklickt haben. Somit werden auch zahlreiche Facebook-Nutzer die „wahllos“ auf diesen Button geklickt haben zu potentiellen Kriminellen erklärt.

Die Staatsanwaltschaft Lüneburg begründet das wie folgt: Durch das Beschädigen der Gleise gefährden die Atomenergiegegner auch den Eisenbahnverkehr, handeln in terroristischer Absicht und machen sich strafbar. Die Atomkraftgegner wiederum argumentieren damit, dass ja auf diesen Strecken keine Personenzüge verkehren würden. Vergessen wird dabei, dass auch Castor-Transporte bemannt sind und bei einem Entgleisen nicht nur Gefahr für Personal, sondern auch Fracht und Umwelt zu befürchten sind. Im schlimmsten Fall eine radioaktive Verseuchung für das Land.

Die Facebook-Seite „Castor schottern“ verlinkte auf die Website www.castor-schottern.org, und Tweeds dazu auf Twitter. Auf der Castor-schottern.org Seite befindet sich zudem eine Online-Absichtserklärung, die dazu aufruft, Schottersteine von den Gleisen zu entfernen. Aufgrund dessen ermittelt die Staatsanwaltschaft Lüneburg primär gegen die Unterzeichner. Derzeit sind es ca. 1.700 Gruppen und Personen. Ihnen drohen, wegen Verstoß gegen §111 des StGB, eine hohe Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft.

Darunter sind auch viele Gruppen und Personen, die eventuell auch aus einer Laune heraus, gedankenlos, den Gefällt mir Button angeklickt haben. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg behält sich hier auch weitere Einzelprüfungen und Identitätsermittlungen von diesen Usern vor. Ebenso sind verdeckte Ermittler der Bundespolizei Hannover im Internet am Werk.