VON MAXIMILIAN REICHLIN | 29.10.2014 13:21

Käufliche Liebe soll reformiert werden – Große Koalition plant neues Prostitutionsgesetz

Noch in diesem Herbst will die Große Koalition das Prostitutionsgesetz grundlegend ändern. Dadurch sollen die Sexarbeiterinnen besser geschützt und Zwangsprostitution unterbunden werden. Über den Weg zu diesem Ziel sind sich SPD und Union allerdings noch nicht einig. Kritische Stimmen zum geplanten Gesetzesentwurf kommen indes auch von Frauenrechtsorganisationen und den Prostituierten selbst. Über die Diskussion berichtet UNI.DE.

Die Prostitution gilt als das „älteste Gewerbe der Welt“, und entsprechend rückständig sind auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die käufliche Liebe. So sieht es zumindest die Große Koalition, die nun einen Entwurf vorlegen will, um das recht liberale Prostitutionsgesetz von 2002 zu aktualisieren. Einig sind sich SPD und Union dabei allerdings noch nicht in allen Punkten. Lediglich eine Anmelde- und Erlaubnispflicht für Bordelle steht für das neue Gesetz bereits fest: Bordellbetreibern soll es damit erschwert werden, Frauen in Zwangslagen auszubeuten. Einem vorbestraften Besitzer könnte die Lizenz entzogen oder verweigert werden, um damit gezielt gegen Zwangsprostitution vorzugehen.

Ein kleines Mädchen jagt Pädosexualstraftäter

Weniger Einigung besteht bei der Einführung einer höheren Altersgrenze für Prostituierte. Während CDU/CSU eine neue Mindestmarke von 21 Jahren fordern, um vor allem jüngere Frauen aus Osteuropa vor den Schattenseiten des Gewerbes zu schützen, ist die SPD strikt dagegen: „Ein solches Mindestalter wird Prostitution nicht unterbinden, sondern in die Illegalität verlagern. Damit werden Schutz, Selbstbestimmung und Ausstieg von jungen Prostituierten noch weiter erschwert“, heißt es dazu in einem internen Arbeitspapier der Sozialdemokraten. Ähnlich sieht es Johanna Weber vom Berufsverband Erotische und Sexuelle Dienstleistungen (BESD). Mit einer umfassenden Berufsberatung sei den jungen Frauen besser gedient.

Davon wollen namhafte deutsche Feministinnen, allen voran etwa die Publizistin Alice Schwarzer, nichts wissen. Sie fordert schon seit Jahren das strikte und umfassende Verbot von Prostitution im Allgemeinen, wie es etwa in anderen europäischen Ländern bereits üblich ist. In Frankreich beispielsweise gilt käuflicher Sex seit dem letzten Jahr als Delikt und wird mit einer Geldbuße geahndet. Doch gegen ein solches Konzept haben Kritiker starke Einwände. Hier würde kein Unterschied gemacht zwischen dem legalen Gewerbe und der Zwangsprostitution. Sowohl Schwarzer, als auch etwa der Union werden dabei mangelnde Forschung und fehlender Sachverstand vorgeworfen.

Mit diesen Vorwürfen sah sich auch Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) bei einer Pressekonferenz in Nürnberg konfrontiert. Beate Leopold, Leiterin der Ausstiegs- und Beratungsstelle Opera, gab dabei klare Zahlen: In fünf Jahren habe sie lediglich zwei Klientinnen getroffen, die ihre Arbeit nicht freiwillig ausgeführt hatten. Eine von Schwesig im Rahmen des neuen Gesetzes geplante Meldepflicht für Prostituierte, die in erster Linie dem Opferschutz dienen sollte, sei deswegen „so nötig, wie ein Kropf“ und könne sogar zusätzlichen Schaden verursachen. Immerhin arbeiteten viele der Frauen nicht ohne Grund unter einem Pseudonym, um sich vor der gesellschaftlichen Ausgrenzung oder vor Stalkern zu schützen.

Auch der Deutsche Frauenrat, der größte Dachverband deutscher Frauenorganisationen, hat auf einem Kongress von Sexarbeiterinnen in Berlin an den geplanten Punkten der Koalition Kritik angemeldet. Es sei höchst fraglich, ob das entstehende Gesetz nicht viel mehr neue Probleme schafft, als es zu lösen in der Lage ist. Gerade vor diesem Hintergrund der Unsicherheit bleibt abzuwarten, ob und wie sich die Koalition in diesem Fall weiter verhalten wird. SPD und Union diskutieren derweil noch immer über Details, wollen allerdings noch in diesem Herbst einen fertigen Gesetzesentwurf vorlegen.