Im Auftrag des Herrn... Zuckerberg
Genau genommen soll auf dem Post ja nicht Fake News, sondern „von Faktenprüfern außerhalb von Facebook angezweifelt“ stehen; ergänzt durch einen Link, der zu einer Begründung dieser Einstufung führt. Betreffender Post soll auch nicht gelöscht werden, kann sogar auch weiter geteilt werden, darf aber nicht mehr die Bewerbungsfunktion in Anspruch nehmen.
In Deutschland will das Soziale Netzwerk mit dem gemeinnützigen, teils durch Spenden finanzierten Recherche Zentrum CORRECTIV zusammenarbeiten, das sich selbst auf seiner Internetseite mit den Worten „Wir decken Missstände auf. Wir sind unabhängig und nicht gewinnorientiert.“ beschreibt. Wenn man in Betracht zieht, dass das Jahresgehalt des Publishers und inhaltlichen Geschäftsführers David Schraven 2015 laut Geschäftsbericht von 36.338 € auf 111.038 € erhöht wurde, kann man sagen, dass zumindest einer gewinnorientiert arbeitet. Das kann aber auch bedeuten, und davon wollen wir hier ausgehen, dass er nun dreimal so investigativ für das Gemeinwohl recherchiert, wie noch im Jahr 2014.
In Sachen Fake News Bekämpfung auf facebook ist folgende Vorgehensweise geplant: Befinden User/-innen einen Post für unglaubwürdig, erhalten sie die Möglichkeit, ihn dementsprechend zu markieren. Kommt die daraufhin erfolgende Prüfung zu dem Ergebnis „Fake News positiv“, wird dieser Post, wie eingangs beschrieben klassifiziert.
Blass ist alle Theorie
Soweit die Theorie. Wenn man allerdings aufgewacht ist und sich den Schlaf aus den Augen gerieben hat, stellt sich einem doch die ein oder andere Frage zur konkreten Umsetzbarkeit. Zweifellos ist die zu Grunde liegende Idee, Wahres von Falschem zu trennen, um dadurch möglicherweise Irreführungen, oder schlimmerenfalls Angst und Hysterie zu verhindern, ein guter Gedanke; aber wie schafft es ein ca. 25-köpfiges Team in einem vernünftigen Zeitrahmen brisante potentielle Falschmeldungen zu prüfen? Bei einer Unmenge von Posts täglich.
Nehmen wir z.B. den Amoklauf im Olympia Einkaufszentrum in München. In diesem Fall hätte eine Fake-News-Kennzeichnung der Meldung, dass auch Schüsse in der Innenstadt gefallen seien, verhindert, dass im Hofbräuhaus eine chaotische Massenpanik ausbricht.
Unklar ist auch, ob alle Posts, die man für fragwürdig hält, überhaupt gemeldet werden können, bzw. ob Quellen, als da wären Vertreter der Bundesregierung, oder etablierte Medien per se als glaubwürdig eingestuft werden. Also nach dem Motto some animals are more equal. Gut, die Unfehlbarkeit des Papstes wurde ja 1869 im Ersten Vatikanischen Konzil beschlossen; aber wie sieht es denn mit unseren weltlichen Herrschern und Herrscherinnen aus? Nehmen wir mal das völlig aus der Luft gegriffene Beispiel, dass eines Tages auf gefälschten Satellitenbildern Hinweise auf Massenvernichtungswaffen nahe den von Goldvorkommen flankierten Ölquellen eines Landes, dessen Diktator vom Komplizen zum Feind degradiert wurde, gefunden werden und daher Befreiung und Zwangsdemokratisierung des Landes mit militärischen Mitteln unausweichlich bevorstehen. Machen die Wahrheitsprüfer/-innen dann mal eben schnell einen Betriebsausflug dort hin?
Wird es auch rückwirkende Prüfungen geben? Nehmen wir eine Äußerung Angela Merkels, die sich nach der Wahl als unwahr herausgestellt hat: „Mit mir wird es keine PKW-Maut geben“.
Man stelle sich folgenden Post vor:
„Die Rente ist sicher!“
„von Faktenprüfern außerhalb von Facebook angezweifelt“
Da wird es doch erst interessant, meine Damen und Herren! Politiker/-innen verweisen immer nur darauf, welchen Nutzen die Prüfung vor der Wahl bringe. Aber für den kleinen Mann vom Daten-Highway wird es doch erst hinterher spannend! Wenn es quasi an die Umsetzung der Wahlversprechen geht. Aber geht es wirklich um Verbesserungen für die normalen Bürger/-innen?
Cui bono?
Am besten kann wohl jeder für sich selbst beantworten, wie oft er einer Falschmeldung aufgesessen ist. Also bei mir bewegt sich das im Bereich von Null und weniger, als Null. Will heißen: Wozu das ganze Theater? Mögliche Antwort: Als potentielle Opfer sehen sich doch hauptsächlich Politiker; weswegen die Debatte ja auch eigentlich erst ins Rollen gebracht wurde. Man verfolgte sorgenvoll den amerikanischen Wahlkampf und dessen Auswüchse, bangend, dass sich der dortige Trend der Diskreditierung von Kandidaten und Kandidatinnen durch Falschmeldungen auch bei uns einschleichen könnte. So befürchten hiesige Politiker/-innen, ihr vielleicht nicht ganz so gefestigtes Ansehen bei den Bürgerinnen und Bürgern könnte schon durch eine kleine Falschmeldung vollends ins Wanken geraten.
Millionen von Missbrauchsfällen täglich
Das eigentlich erschreckende an der ganzen Diskussion ist aber, dass dabei auch klar wird, welch unverdient hohen Stellenwert facebook bei der Meinungsbildung der Menschen einnimmt. Es wird oft vergessen, dass es sich dabei nicht um ein Nachrichtenmedium mit gut recherchierten Beiträgen handelt. Und wenn die Menschen - teils aus Naivität, hauptsächlich aber aus Faulheit - meinen, gesichtslosen Fake-Profilen mehr Glauben schenken zu können, als etablierten Medien, in einem Netzwerk, das sowohl als Familienfotoalbum, als auch zum Abladen jeglicher Art geistigen Mülls verwendet wird, ist - solange man noch von mündigen Bürgerinnen und Bürgern ausgeht - größtenteils die Schuld bei den Userinnen und Usern zu suchen, die meinen, sich mit der wisch-und-weg Strategie umfassend über komplexe Themen informieren zu können.
Was wirklich hülfe
Was also tun, wenn man sich von Falschmeldungen umzingelt fühlt, in einem Netzwerk das 24/7 den 1. April feiert? Naja, man könnte z.B. aus diesem Netzwerk austreten, wobei man dabei natürlich auch billigend in Kauf nehmen würde, plötzlich 8.848 Freunde weniger zu haben, sowie in gesellschaftsrelevanten Themen, wie z.B. süße Kätzchen im Wäschekorb, nicht mehr mitreden zu können. Unvorstellbar!