VON MAXIMILIAN REICHLIN | 11.03.2016 15:09

Subventionen in die Energiewirtschaft – Das Geld geht an die Falschen

Für die Subventionierung von fossilen Brennstoffen werden weltweit noch immer noch bis zu 5,3 Billionen US-Dollar in die Hand genommen. Staaten unterstützen die konventionelle Energie dabei auf vielfältige Weise, zum Beispiel durch Steuervergünstigungen. Die Finanzspritzen für erneuerbare Energien fallen dagegen deutlich geringer aus. Soziale Gründe für diese Diskrepanz sucht man vergeblich. Energie-Fachleute gehen von gezielter Lobby-Arbeit aus. Die meisten Studien belegen: Würden die Subventionen stark eingeschränkt und das verfügbare Geld stattdessen in den Kampf gegen den Klimawandel gesteckt, könnten die Ergebnisse signifikant positiv ausfallen. Noch sind Deutschland sowie der Staatenbund G-20 allerdings weit von den gesteckten Zielen entfernt.

Laut einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), wird in die Subventionierung fossiler Brennstoffe immer noch viel Geld gesteckt. Das ergab ein direkter Vergleich der Subventionszahlungen in 34 OECD-Ländern und sechs sogenannten Schwellenländern. Insgesamt wurden in den Jahren zwischen 2010 und 2014 bis zu 180 Milliarden Euro in die konventionellen Energien gesteckt, so die OECD. Die Internationale Energie-Agentur (IEA) rechnet für das Jahr 2013 sogar mit einem Wert von rund 550 Milliarden Dollar, ein Rekordhoch. Der Internationale Währungsfond (IWF) berücksichtigt in einer eigenen Rechnung auch die Schäden, die durch die Nutzung fossiler Energieträger entstehen, da auch diese vom Verbraucher bezahlt werden müssen. Errechneter jährlicher Durchschnittswert: 5,3 Billionen US-Dollar.

Es gibt mehr Geld für fossile Brennstoffe als für erneuerbare Energien

Welcher Wert auch angesetzt wird, in jeder Rechnung offenbart sich ein Grundproblem der Energiepolitik: Es wird mehr Geld in konventionelle Energien investiert, als in Erneuerbare. Sowohl die Studie des IWF, als auch die Erhebung des OECD gelangen zu dem Schluss, dass eine deutliche Senkung der Subventionen wertvolle Mittel im Kampf gegen den Klimawandel und für den Natur- und Umweltschutz generieren würde. Der IWF macht konkrete Angaben: Würden die weltweiten Energie-Subventionen für fossile Brennstoffe nicht zu einer künstlichen Preisminderung genutzt, könnten die Treibhausgas-Emissionen um bis zu 17 Prozent reduziert werden. OECD-Generalsekretär Jose Angel Gurria bestätigt: „Wenn wir die Subventionen stoppen, werden wir die Ressourcen haben, die wir brauchen.“

Energiesubventionen sind in Deutschland doppelt so hoch wie die EEG-Umlage

In Deutschland sind die Subventionen für konventionelle Energien mehr als doppelt so umfangreich, wie die Finanzspritzen für Erneuerbare Energien wie Wind-, Wasser- oder Solarkraft. Während letztere im Jahr 2012 mit rund 17 Milliarden Euro über die umstrittene EEG-Umlage subventioniert wurden, verursachten die konventionellen Energien im selben Jahr rund 40 Milliarden Euro an versteckten Kosten. Zwar seien die Subventionen in den letzten Jahren ein wenig zurückgegangen, so die verschiedenen Studien, von einer wirksamen Lösung sei man allerdings noch weit entfernt.

Als Subventionen gelten indes alle Zahlungen, die von einer Staatsregierung zur Unterstützung fossiler Brennstoffe getätigt werden. Dazu gehören vor allem Finanzhilfen, Steuervergünstigungen für die Industrie, sowie das künstliche Niedrighalten des Preises, um die Nachfrage stabil zu halten. In manchen Fällen werden auch Folgezahlen berücksichtigt, etwa nötige Zahlungen im Falle eines nuklearen Unfalls, erhöhte Kosten im Gesundheitsbereich durch Smog, und so weiter. All diesen Kosten gemein ist, dass sie zwar nicht, wie die stark kritisierte EEG-Umlage für erneuerbare Energien, auf der Stromrechnung auftauchen, aber dennoch von den Verbrauchern bezahlt werden müssen – zum Beispiel in Form von Steuern oder zusätzlichen Abgaben.

Lobbyismus im Bundestag

Energiesubventionen: Zwischen Entwicklungsstrategie und Lobby-Druck

Vor allem Schwellenländer stellen ein Problem dar. Dort wird besonders stark investiert, um Arbeitsplätze und Industrie langfristig zu stützen. Dass diese Finanzspritzen auf einer falschen Annahme beruhen, bestätigte IEA-Chefökonom Fatih Birol im Gespräch mit ZEIT Online: „Subventionen für fossile Energien sind der Hauptfeind einer nachhaltigen Entwicklung“. Eine bessere Entwicklungsstrategie wären demnach der Stopp von Energie-Subventionen und der gezielte Ausbau erneuerbarer Energien. Abseits der Schwellenländer, zum Beispiel in Deutschland, sind die Gründe für die Subventionierung weniger einfach zu durchschauen. Energieexperte Christian von Hirschhausen von der TU Berlin vermutet „althergebrachte Strukturen“ und gelungene Lobby-Arbeit. Ein Indiz dafür sind zum Beispiel die günstigen Konditionen für Atomkraftwerke auf dem Versicherungsmarkt.

Hohe Ziele der Vergangenheit wurden bis jetzt nicht durchgesetzt

Im Jahr 2009 hatten sich die G-20 noch ambitionierte Ziele in Hinsicht auf die Energie-Subventionen gesteckt: In der Abschlusserklärung des Gipfels in Pittsburgh einigten sich die Staatschefs darauf, ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe abzuschaffen und neue Kohle-, Erdöl- oder Gasvorkommen überhaupt nicht erst zu erschließen. Schwellenländern wollte man überdies, als Ausgleich für die entgangenen Gewinne aus der Brennstofferschließung, Finanzhilfe zukommen lassen – eine geniale Idee, die bislang in den meisten Fällen ohne Umsetzung geblieben ist. So scheiterte im Jahr 2013 die sogenannte Yasuni-Initiative in Ecuador, da nicht ausreichend Mittel von Partnern gesammelt werden konnten.

In Deutschland bleibt man, trotz dieser Rückschläge, optimistisch. Bis zum Jahr 2018 will die Bundesregierung beispielsweise komplett auf die Subventionierung von Kohle verzichten, ab 2020 will Deutschland zusammen mit der internationalen Staatengemeinschaft jährlich bis zu 90 Milliarden Euro für den Ausbau erneuerbarer Energien in Entwicklungsländern bereitstellen. Ob diese Pläne durchsetzbar sein werden, ohne zuvor die Subventionen an fossile Brennstoffe zumindest in einem noch stärkeren Maße einzuschränken, ist allerdings mehr als fraglich.