VON JULIA ZETZ | 17.01.2014 13:06

Einmal mehr Zeit bitte... Ja zum mitnehmen

Für so was habe ich keine Zeit. Diesen Satz sage ich neuerdings sehr oft. Und ich mag ihn nicht. Er klingt alt und ich will nicht alt sein. Aber es ist so, ich habe für viele Dinge keine Zeit mehr. Einfach mal fernsehen, ein Buch lesen oder Musik hören, das alles habe ich früher getan und kann es nun nicht mehr. Aber warum ist das so? Auf der Suche nach meiner verlorenen Zeit habe ich einige interessante Entdeckungen gemacht und bin zu dem Schluss gekommen: Ich muss mir Zeit nehmen. Aber woher nehmen wenn nicht stehlen? Diese Frage konnte ich mir erst nicht beantworten, aber nach einiger Zeit habe ich eine Antwort gefunden. Doch bevor das geschah habe ich einen Selbstversuch gestartet: eine Woche Zeit. Ja nur für mich, für Dinge, die ich seit sehr langer Zeit nicht mehr getan habe.

Aber beginnen wir von vorn: Neulich wurde ich in einem Vorstellungsgespräch gefragt, welche Bücher ich in meiner Freizeit lesen würde. Und ich war plötzlich gar nicht so gesprächig. Ich ging in mich und überlegte, welches Buch ich zuletzt gelesen hatte und das Ergebnis: Ich wusste es nicht mehr. Ich lese nur Fachbücher die sich auf meine Abschlussarbeit für die Uni beziehen und das täglich. Auch Zeitschriften haben immer einen fachlichen Hintergrund. Mein Versuch der Frage gekonnt auszuweichen ist kläglich gescheitert. Der potentielle neue Chef attestierte mir eine unausgeglichene Work-Life-Balance.

Der Balanceakt

Raus aus dem Kokon der Sicherheit

Etwas verdutzt verließ ich das Büro und mir war klar, den Job bekomme ich nicht. Auf dem Heimweg fing ich an über diese ominöse Work-Life-Balance nachzudenken. Der erste Schritt: Ich hab´s gegoogelt. Und was ich da so las, kam mir wenig bekannt vor. „Sorgen Sie für ausreichend Freizeit“, „Treiben Sie Sport“, „Lesen Sie ab und zu mal ein Buch“, das waren die freundlichen Hinweise der diversen Ratgeber-Blogs. Und plötzlich wurde mir eines klar: Ich erledige andauernd irgendwelches Zeug, aber Zeit für mich habe ich eigentlich nicht.

Da nun ohnehin die Feiertage vor der Tür standen, wollte ich testen, ob ich mir einfach mal mehr Zeit für mich nehmen kann. Den Selbstversuch startete ich direkt am Weihnachtstag.

Es wurde wacklig

Schon der erste Tag stand unter keinem guten Stern. Nach der morgendlichen Dusche stellte ich fest, dass ein Großputz in meiner Wohnung nicht schaden könnte. Im Anschluss noch schnell einkaufen, die restlichen Geschenke einpacken, kochen, Oma abholen und schon war der Tag vorbei. Fazit von Tag eins: Die Balance habe ich nicht gehalten. Die nächsten zwei Tage waren auch nicht besser, denn Familienbesuche, üppiges Essen und diverse andere Verpflichtungen füllten den Tag. Nach drei Tagen die erste Bilanz: Das mit dem Gleichgewicht ist gar nicht so einfach.

Aber jetzt wollte ich es ernsthaft angehen! Und siehe da, ich habe in drei Tagen ein Buch gelesen, dessen Inhalt sich thematisch ganz weit weg von meiner Abschlussarbeit bewegte. Ich habe mich zwei Stunden in die Badewanne gelegt und nichts getan. Ich habe mehrere Stunden Musik gehört und mir mal ausgiebig die Füße gepflegt. Ja, erholt bin ich jetzt schon. Der einzige Haken, mein Konto neigt sich dem Notstand, denn in dieser Woche habe ich kaum gearbeitet. Wenige Tage nach der Rückkehr ins Work- statt Balance-Leben ist mir eines klar geworden: Lesen, fernsehen und baden ist schön, aber man sollte damit nicht einen ganzen Tag füllen.