VON ANGELA SCHWEIZER | 01.06.2015 00:05

Privatunterkünfte für Flüchtlinge: Wie das gemeinsame Wohnen gelingen kann

Der Ruf nach einer Unterbringung von Flüchtlingen in Privatunterkünften wird immer lauter. Staatliche Unterkünfte sind knapp und Flüchtlinge werden daher oft in Turnhallen oder Hotels untergebracht. Zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützen nun die Wohnungssuche. UNI.DE hat recherchiert, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen um ein Zimmer anzubieten und welche Initiativen sich dafür einsetzen.

Laut Pro Asyl liegen die Gründe für die Knappheit der Unterkünfte in einem Abbau von Unterkünften aufgrund sinkender Flüchtlingszahlen der letzten Jahre, aber auch in dem rigiden bürokratischen System, laut dem Menschen in den ihnen zugewiesenen Orten, streng nach Quoten verteilt, unterkommen müssen. An wen sich interessierte Menschen wenden können, die Wohnraum anbieten, und wie das Prozedere funktioniert, erklärt Pro Asyl in ihrem Infopapier. Anreize sollen dabei weder sein, hilfsbedürftige Menschen in heruntergekommenen Wohnungen unterbringen zu können und dafür staatliche Gelder abzukassieren, noch Flüchtlinge komplett umsonst unterzubringen. Denn staatliche Verantwortung soll nicht durch private Wohlfahrt ersetzt werden, schließlich profitiert der Staat auch von erfolgreicher Integration, so Pro Asyl.

Flüchtling in Zeiten des Neoliberalismus

Bundesweit gibt es keine einheitliche Behörde, die für die Vermittlung von Flüchtlingen in Privatunterkünfte verantwortlich ist, dies ist fast in jedem Ort unterschiedlich. Daher sollen sich interessierte Vermieterinnen und Vermieter an die nächste zuständige Flüchtlingsbehörde in ihrem Wohnort wenden, welche die Unterbringung organisiert. Außerdem ist es von der jeweiligen Kommune und dem Land sowie vom dem Stand des Asylverfahrens abhängig, ob der oder die Asylsuchende überhaupt eine Privatwohnung beziehen darf. Wer Flüchtlinge in der eigenen Wohnung unterbringen will, muss eine Kopie des Mietvertrags vorlegen, eine genaue Auflistung der Kosten, eine Einwilligung des Vermieters zur Untervermietung und eine Vereinbarung, welche Räume der oder die neue Untermieterin mitbenutzen darf. Außerdem wird eine Art „Probezeit“ vereinbart, falls das Zusammenleben nicht klappt.

Flüchtlingsfrauen bevorzugt

Insgesamt halten sich bisher die Privatangebote in Grenzen. Die meisten Menschen, die Wohnraum anbieten, möchten Flüchtlingsfrauen bei sich unterbringen, die vorzugsweise nicht traumatisiert sind und eine der gängigeren Sprachen wie Französisch oder Englisch sprechen. Die wenigen Frauen, die diese Kriterien erfüllen, sind schnell vermittelt. Alleinreisende Männer, die den Großteil der Flüchtlinge darstellen, sind schwerer vermittelbar. Alleinstehende Männer, die unbedingt eine Flüchtlingsfrau bei sich aufnehmen wollen, lehnen die Hilfswerke generell ab, um die Frauen zu schützen.

Gemeinsame Verantwortung für die deutsche Willkommenskultur

Abhilfe schaffen könnte die neue Online-Plattform „Flüchtlinge Willkommen“. Interessierte Menschen können dort schnell und unkompliziert ihren Ort und den verfügbaren Wohnraum eingeben. Sie werden dann direkt mit lokalen Organisationen zusammengebracht, die für die Unterbringung der Flüchtlinge zuständig sind, wie beispielsweise die Diakonie und die Flüchtlingshilfe. Sollte das jeweilige Bundesland die Finanzierung nicht übernehmen, bietet das Projekt Hilfe an, wie zum Beispiel Mikrospenden. Das zivilgesellschaftliche Projekt wurde von Mareike Geiling, Jan Kakosche und Golde Ebding aus Berlin gegründet.

Wie kamen sie auf die Idee dieses Portal zu gründen? Für Jan Kakoschke gibt es keinen Unterschied zur „normalen“ WG-Suche, denn auch wenn man über die gängigen Internetportale eine neue Mitbewohnerin oder einen neuen Mitbewohner sucht, müsse man sich auf Fremde einstellen. Auf ihren Reisen durch arabische Länder waren die drei von der Gastfreundschaft überwältigt, die ihnen dort entgegengebracht wurde. Durch das Projekt wollen sie dazu beitragen, die Willkommenskultur in Deutschland zu verbessern. Denn diese ließe sich nicht auf Organisationen abschieben, dafür seien alle verantwortlich, so Mareike Geiling.