VON ANGELA SCHWEIZER | 10.06.2015 13:43

Der Juncker-Plan: Wie private Investitionen Europas aus der Krise stemmen sollen

Europa steckt in der Wachstumskrise. Vor allem die drastischen Kürzungsmaßnahmen in den südeuropäischen Ländern führten zu einer anhaltenden Stagnation der Wirtschaft und zu rückläufigen Investitionen. Der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker plant mit dem sogenannten Juncker-Plan eine Investitionsoffensive, die innerhalb der nächsten drei Jahre öffentliche und private Investitionen von mindestens 300 Milliarden erwirtschaften soll. Ist Junckers Plan ein Luftschloss oder ein Wachstumsmotor?

Schon vor seinem Amtsantritt im November 2014 als neuer Präsident stellte Juncker klar: „Meine oberste Priorität als Kommissionspräsident gilt der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas und der Belebung der Investitionstätigkeit in Europa, um auf diese Weise neue Arbeitsplätze zu schaffen“. Dies will er nun so schnell wie möglich in die Tat umsetzen, denn auch die zweitgrößte Fraktion im Europäischen Parlament, die S&D-Fraktion der Sozialisten und Demokraten, knüpfte ihre Zustimmung zu Juncker als neuen Kommissionspräsidenten an das zügige Vorlegen eines Investitionsplans, sowie an die Eingebundenheit des Europäischen Parlaments als Mitentscheider. Denn Entscheidungsgewalt über die Erhöhung der Eigenmittel im EU-Haushalt hat allein der Europäische Rat, der sich in dieser Frage nicht entscheiden kann. Das Europäische Parlament jedoch drängt seit langem auf eine Erhöhung der Eigenmittel, beispielsweise durch eine Finanztransaktionssteuer, die dabei erzielten Einnahmen könnten als Finanzspritze für die Wirtschaft verwendet werden.

Globalisierung: Welches Land profitiert am meisten?

Bis dies soweit ist, sollen Privatinvestitionen mobilisiert werden, denn seit Beginn der Bankenkrise im Jahr 2008 sind die Investitionen in Europas Wirtschaft um 15 Prozent gesunken. Der Juncker-Plan soll Europas Konjunktur ankurbeln, Investitionshemmnisse senken und vor allem dem Privatsektor Anreize geben, Geld in lohnende Projekte zu investieren, was wiederum mehr Arbeitsplätze schaffen soll.

Welche Projekte sollen gefördert werden?

Schnellere Internetleitungen, neue Stromtrassen oder Projekte die aus Abfall Diesel produzieren können: Ideen und Investitionsbedarf gibt es in Europa genug. Vor allem Projekte in den Bereichen Infrastruktur, Forschung, Energie, Bildung und Entwicklung sollen durch den Juncker-Fonds gefördert werden. Verwaltet wird das Geld von der Europäischen Investitionsbank (EIB). 21 Milliarden kommen aus dem EU-Haushalt, 315 Milliarden sollen am Ende durch private Investitionen im Topf sein. Die EIB ist es auch, die darüber entscheidet, welche Projekte mit dem Geld aus dem Fond gefördert werden. Dies soll, so betont EIP-Präsident Werner Hoyer ausdrücklich, nicht nach politischen, sondern nach wirtschaftlichen Kriterien geschehen. Von den bezuschussten 21 Milliarden Euro werden acht Milliarden in einen Garantiefond eingezahlt, der finanzielle Risiken von bis zu 16 Milliarden Euro übernimmt, was ein zusätzlicher Anreiz für private Investitionen darstellt.

Wird Junckers Plan aufgehen?

Bisher weiß noch niemand, ob das Konzept von Junckers Multi-Milliarden-Plan funktionieren wird. Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien haben bereits Zuschüsse in Milliardenhöhe zugesagt, obwohl Deutschland weiterhin davor warnt, von der Sparpolitik abzuweichen.

Europa müsse endlich einsehen, dass es eine Schicksalsgemeinschaft sei, so Juncker. Er stellt sich damit gegen Merkels und Schäubles Austeritätspolitik, die vor allem an nationalen Interessen ausgerichtet ist, sowie gegen den Europa-Rat, der eine Finanzierung aus EU-Mitteln ablehnt.

Auch die angestrebten 315 Milliarden Euro gelten nicht als Obergrenze. Bei Erfolg soll der Fond über die ursprünglich geplanten drei Jahre bis 2020 verlängert werden.