VON CLEMENS POKORNY | 01.10.2012 14:52

Schufa: Die Herren der Kreditwürdigkeit

Kein Unternehmen, ja nicht einmal der Staat speichert so viele personenbezogene Daten wie die Schufa. Was Sicherheit vor allem für Wirtschaft und Banken zum Beispiel bei der Kreditvergabe schaffen soll, kreiert gleichzeitig den gläsernen Verbraucher

Wer in Deutschland ein Konto eröffnet, einen Handyvertrag abschließt, bei Ebay kauft, ein Auto least oder einen Kredit aufnimmt, muss jede Menge Daten von sich preisgeben. Diese bleiben bestenfalls nur beim Vertragspartner, aber wenigstens eine Firma erhält sie ebenfalls: die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, kurz Schufa. Was tut dieses Unternehmen, und ist seine Datensammelei wirklich unbedenklich?

Regionale Vorläufer der Schufa gab es bereits seit 1927 als „Schutzgemeinschaft für Absatzfinanzierung“ (daher das Kürzel), aber erst 1952 wurden sie zu einer bundesweit operierenden Wirtschaftsauskunftei zusammengelegt. An dem 750-Mitarbeiter-Unternehmen halten seit seiner Umwandlung in eine Aktiengesellschaft im Jahr 2000 vor allem Banken, Sparkassen und der Handel Anteile. Die Firma erhebt personenbezogene Daten, die Aufschluss über die Kreditwürdigkeit der Bundesbürger geben sollen. So werden neben Name und Adresse auch die Daten von Kredit- und Leasingverträgen sowie Konto- und Kreditkartendaten gespeichert. Für ihre Erhebung bedarf es des Einverständnisses des Vertragspartners, das allerdings in der Regel Voraussetzung für die Gewährung eines Kredites, die Einrichtung eines Kontos – bei Banken und als Kundenkonto etwa bei Versandhäusern – oder die Ausgabe einer Kreditkarte ist. Kommt eine Person einer Zahlungsverpflichtung nicht oder verspätet nach, vermerkt die Schufa dies und begründet damit eine geminderte Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers in Form eines niedrigeren sogenannten Scores. In der Folge kann ihm ein Kauf auf Rechnung oder ein Kredit im engeren Sinne verweigert werden, bis die Schufa die negativen Daten nach drei Jahren löscht.

Jung, ledig, arbeitslos

Bei der Sammlung von Informationen von über 66 Millionen Menschen kommt es wenig überraschend auch zu Problemen. Weil die Schufa nicht nachprüft, ob ihr Daten rechtmäßig übermittelt wurden, kommt es immer wieder zu Fällen, in denen der Score, also die Bonität, eines Verbrauchers aufgrund falscher Informationen zu Unrecht herabgesetzt wurde. Das ist relativ häufig der Fall, wenn ein Kunde wegen ausbleibender Leistungen den Vertrag mit einem Telekommunikationsunternehmen kündigt und danach gegenstandslose Rechnungen nicht bezahlt. Zudem sind nach einer Studie des Bundesinnenministeriums von 2009 fast 70% der Schufa-Daten unvollständig, veraltet oder schlicht falsch. Anfang Juni 2012 versuchte die Schufa, auf die Daten von Facebook-Nutzern per Vertrag Zugriff zu erhalten; dank des massiven Widerstands von Verbraucherschützern und der Politik kam es nicht dazu. Schon allein das Einholen von Kreditangeboten kann ferner zu einer Absenkung des vierteljährlich auf intransparente Weise berechneten Scores führen – ein Missstand, der qua Gesetz mittlerweile abgestellt wurde, während die Details des Scoring-Verfahrens trotz eines entsprechenden Gerichtsurteils noch immer nicht offen gelegt werden.

Wozu dann überhaupt die Schufa? Einerseits minimiert sie das unternehmerische Risiko für Banken und Handel, andererseits schützt sie Verbraucher bis zu einem gewissen Grad vor Überschuldung. Ob für diese Vorteile allerdings die massive und dazu fehlerhafte Datensammelei der Schufa in Kauf zu nehmen ist, bleibt fraglich.