VON MAXIMILIAN REICHLIN | 06.06.2014 12:18

Braucht Deutschland noch mehr Braunkohle?

Der Braunkohletagebau in Deutschland wird weiter ausgebaut. Obwohl die LINKE sich in Brandenburg offiziell für den Ausstieg aus der Förderung des begehrten Energieträgers stark macht, hat die rot-rote Koalition erst in dieser Woche einen weiteren Ausbauplan genehmigt. Naturschützer reagieren empört darüber, denn: Keinen anderen Rohstoff halten sie für so schmutzig und umweltschädlich wie die Braunkohle. UNI.DE über die aktuelle Diskussion und die Auswirkungen des Braunkohletagebaus.

Am vergangenen Montag hat das rot-rote Kabinett in Brandenburg den Plänen für einen Ausbau des Braunkohletagebaus bei Cottbus zugestimmt. Die LINKE ist zwar offiziell gegen den Tagebau, hat nun aber, zusammen mit dem größeren Koalitionspartner SPD, ihr Einverständnis erteilt. Sprecher von Greenpeace, die sich am Montagmorgen vor der Landesgeschäftsstelle der Linkspartei in Potsdam versammelt hatten, sind über die Entscheidung empört. Ein eigentlich geplantes Gespräch an einem „Runden Tisch“ und die Teilnahme an einer klärenden Pressekonferenz der LINKEN lehnten die Aktivisten ab. Da die Entscheidung über den Ausbau bereits gefallen war, wurde für Greenpeace ein „angeblich ergebnisoffenes Gespräch sinnlos.“

The Tragedy of the Commons

Die Folgen der Entscheidung: Werden auch die Betriebspläne des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall genehmigt, haben die Bagger grünes Licht für die Aushebung des neuen Teilfeldes Welzow-Süd II. Etwa 800 Menschen müssten dann umgesiedelt werden, um dem Tagebau Platz zu machen. Doch nicht nur das, auch für die Umwelt sei die Braunkohlegewinnung schädlich. Axel Kruschat, Landesgeschäftsführer des BUND Naturschutz in Brandenburg, warnt vor allem vor übersäuerten und verschmutzten Gewässern.

BUND und Greenpeace sind sich einig: Es gibt keinen schmutzigeren Energielieferanten als Braunkohle. Für deren Gewinnung müssen riesige Gebiete abgetragen und Landstriche verwüstet werden. Bergschäden sowie Abbruch und Devastierung ganzer Ortschaften sind oft ein Symptom des Tagebaus. Alleine im Lausitzer Kohlerevier, in dem auch der neue Teilbereich Welzow-Süd II ausgebaggert werden soll, mussten bis heute über 80 Ortschaften komplett abgerissen werden. Auch das Grundwasser wird durch den Braunkohleabbau nachhaltig geschädigt.

Zudem sehen die protestierenden Naturschützer keine energiepolitische Notwendigkeit hinter dem fortgeführten Tagebau, denn die Klimabilanz der Braunkohle sei, so Greenpeace, besonders schlecht und stehe dabei im klaren Widerspruch zu den Plänen der Regierung zur Energiewende. Rund ein Fünftel der deutschen CO2-Emission ist demnach dem Braunkohleabbau geschuldet, Tendenz steigend. Ein weiteres Manko: Selbst mit modernster Technologie, erreichen die meisten Kohlekraftwerke höchstens einen Wirkungsgrad von 45 Prozent, über die Hälfte der Energie wird also bei der Umwandlung verschwendet.

Die Deutschen verstehen das und sind daher geschlossen gegen den weiteren Tagebau. Nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TMS Emnid wünschen ganze 87 Prozent der Deutschen einen Ausstieg aus der Braunkohle bis spätestens 2030. Einen Kurs, den offiziell auch die LINKE verfolgt. Helmuth Markow, Justizminister in Brandenburg, habe laut eigener Aussage zum aktuellen Projekt seine Zustimmung erteilt, weil noch nicht abzusehen sei, wie sich der Fortschritt erneuerbarer Energien in den nächsten Jahren entwickeln würde. Möglicherweise sei man nach 2026 weiterhin auf die Braunkohle angewiesen. Einen weiteren Ausbauplan, Jänschwalde-Nord, lehnte er allerdings als „unnötig“ ab. Nach wie vor verfolge die Partei die Ziele der Bundesvorsitzenden Katja Kipping zum Braunkohleausstieg bis spätestens 2040.