VON C.V.A. | 09.09.2013 12:37

Warum können Diktaturen überleben?

China, Vietnam, der Iran und viele andere - all diese Länder werden von einem autokratischen Regime geführt. Doch wie ist es möglich, dass Diktaturen so lange stabil und vom demokratischen Einfluss unberührt bleiben? Was sind die Voraussetzungen dafür? Das Wissenschaftszentrums Berlin für Soziale Forschung (WZB) hat in einem Forschungsprojekt 137 diktatorische Regime untersucht und ist dabei zu interessanten Ergebnissen gekommen.

Circa 50 Prozent aller Menschen leben in Ländern, die von einem nichtdemokratischen Regime geführt werden. Die Diktaturen funktionieren und bleiben in vielen Fällen für lange Zeit stabil. Dem können auch diverse Demokratiebestrebungen nichts anhaben. Im Gegensatz zu vielen speziellen Theorien zu demokratischen Strukturen, gibt es kaum Theorien zur Analyse diktatorischer Systeme. Dem hat sich nun das WZB angenommen. Laut dem Projekt sind es drei wichtige Säulen, auf die sich ein diktatorisches Regime stützt. Nämlich: Legitimation, Repression und Kooptation. Das Drei-Säulen-Modell wurde von Wolfgang Merkel und Johannes Gerschewski entwickelt und soll bei der Analyse von diktatorischen Strukturen helfen.

Geht's noch demokratischer?

Die Drei Säulen der Diktatur

Nach der Wirkungsweise gegliedert hat die sanfte Repression die stärkste Auswirkung auf die Beständigkeit eines diktatorischen Regimes. Sanfte Repression bedeutet eine Unterdrückung der persönlichen Freiheit der Bevölkerung vor allem durch die Einschränkung politisch demokratischer Rechte wie die Meinungs- und Pressefreiheit, ein Demonstrationsverbot und bestimmte Steuermaßnahmen. Harte Repression hingegen versucht eine Unterdrückung der Menschenrechte zu erreichen. Harte Repression oder Repression alleine können ein diktatorisches Regime auf Dauer allerdings nicht stabilisieren. Die Legitimation, als zweite Säule einer Diktatur speist sich einerseits aus ideologischen Quellen, wie dem Antiliberalismus oder Antiparlamentarismus und andererseits aus einer leistungsbezogenen. Eine stabile Wirtschaftslage ist umso wichtiger für ein diktatorisches System, da es auf Sicherheit und Ordnung aufbaut und in seiner Legitimation auch darauf angewiesen ist. Die Kooptation bezeichnet ein Wahlverfahren, bei dem Personen durch Vertreter einer Gemeinschaft in dieselbe hinein gewählt werden, wie z.B. auch Hochschullehrer als Angehörige der Fakultäten innerhalb der Hochschulgemeinschaft gewählt werden. In gewissen Organisationen ist die Kooptation so auch in Deutschland vertreten, doch im demokratisch politischen Wahlverfahren wäre Kooptation undenkbar. Diese Form der Nachahmung von demokratischen Institutionen und Parteien hat nichtsdestotrotz die wenigsten Auswirkungen auf die Stabilität einer Diktatur. Auf Dauer garantiert das Gleichgewicht dieser drei Säulen die Stabilität eines diktatorischen Regimes. Bricht eine dieser Säulen zusammen, kann eine Diktatur in ihrem Kern geschwächt werden. Wenn das Wegfallen einer der Säulen durch die anderen beiden nicht mehr kompensiert werden kann, sprechen die Forscher von Critical Junctures. Zustände also, in denen die Stabilität des Regimes bedroht ist.

Fakt ist, dass nur dann ein Demokratisierungsprozess stattfinden kann, wenn die demokratischen Länder verstehen, was die Stabilität einer Diktatur ausmacht. Erst kann seitens der demokratisch denkenden Länder eine sinnvolle Unterstützung erfolgen. Zum Beispiel müssen alle Formen der Repression mit Sanktionen belegt werden. Auch schaden Wirtschaftskrisen dem Ansehen eines Diktators. Diese können durch Wirtschaftsboykotte provoziert werden. Auf jeden Fall zeigt das Forschungsprojekt, dass ein fundiertes Wissen über autokratische Systeme unabdingbar ist, um demokratische Bestrebungen in anderen Ländern überhaupt erst in Betracht ziehen zu können.