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VON DR. PAUL STOOP  |  29.08.2013 10:24

Warum Diktaturen stabil bleiben – und was sie destabilisiert

In einem WZB (Wissenschaftszentrum Berlin) - Forschungsprojekt werden autoritäre Regime in 137 Ländern untersucht

Rund die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in nichtdemokratischen Ländern. Doch warum überdauern manche Diktaturen, während andere gestürzt werden? Welche Muster autokratischer Herrschaft gibt es? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt eines Forschungsprojekts am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), bei dem autoritäre Regime in 137 Ländern untersucht werden.

Drei stabilisierende Säulen hat das Forscherteam in seinem Modell autokratischer Herrschaft identifiziert: Legitimation, Repression und Kooptation. Dabei hat die „sanfte Repression“ unter den drei Faktoren den größten Einfluss auf das Überdauern einer Diktatur. Sie wird zum Beispiel in Putins Russland praktiziert. Dort werden bürgerliche Freiheitsrechte durch Steuermaßnahmen, Einfrieren von Konten oder das Verbot von Demonstrationen eingeschränkt. Harte Repressionsmaßnahmen haben dagegen kaum einen Stabilisierungseffekt. Die Stärkung der Legitimation durch eine stabile Wirtschaft oder die Verbesserung der inneren und äußeren Sicherheit hat den zweitstärksten Effekt auf das Fortdauern einer Diktatur. Kooptation, bei der demokratische Institutionen wie Parteien oder Parlamente – so wie in Myanmar – imitiert werden, hat die geringste Auswirkung auf das Überleben von Diktaturen.

„Wenn westliche Länder die Demokratisierungsbewegung in einem Land unterstützen wollen, müssen sie zunächst die Dynamik autokratischer Herrschaft verstehen. Jede Form der Repression muss entsprechend mit Sanktionen belegt werden“, sagt Christoph Stefes, Projektkoordinator der WZB-Autokratieforschung. Da Wirtschaftskrisen Diktaturen besonders schwächen, sollten auch Wirtschaftsboykotte probate Mittel sein, um gegen autoritäre Regime vorzugehen.

Und wann verlieren Diktaturen ihre Stabilität? Durch das Zusammenspiel der drei Säulen werden verschiedene Gruppen wie das Militär, Oppositionelle und das Volk an das Regime gebunden. Instabilität tritt ein, wenn es zur Schwächung einer oder mehrerer Säulen kommt und das Regime in eine kritische Phase eintritt. Sie können das Ende, aber auch in der Folge die Wiederstabilisierung des Regimes bedeuten.

Das Forscherteam, zu dem Wolfgang Merkel, Christoph Stefes, Johannes Gerschewski, Alexander Schmotz und Dag Tanneberg von der Abteilung Demokratie und Demokratisierung gehören, wertete die Daten autoritärer Regime in 137 Ländern der letzten 60 Jahre aus. So entstand eine der weltweit umfassendsten Datensammlungen über die Stabilitätskriterien autoritärer Regime – für Asien, die Länder der ehemaligen Sowjetunion und Osteuropa, Afrika, die arabischen Länder und Lateinamerika. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert.