VOM JASCHA SCHULZ | 06.07.2015 16:50

Debatte um Glyphosat-Verbot – Kampf zwischen Gesundheit und Geld

Umweltverbände sind seit Jahren von der gesundheitsschädigenden Wirkung von Glyphosat überzeugt. Das weltweit am häufigsten verwendete Pflanzenvernichtungsmittel ist bislang allerdings von einem Verbot verschont geblieben. Im März dieses Jahres stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Glyphosat dann als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Damit steht infrage, ob die Ende des Jahres auslaufende EU-Zulassung für Glyphosat verlängert wird. Die Entscheidung wird von dem Vermögen und dem Willen der Politik abhängen, sich dem Druck der Industrie zu entziehen.

Die Debatte um Glyphosat wird seit den späten 90ern hitzig geführt. Auf der einen Seite stehen Umweltverbände und Forschungseinrichtungen, die dem Pflanzenvernichtungsmittel eine gesundheitsschädigende Wirkung zuschreiben. Vor allem die in der Landwirtschaft verwendeten Roundup-Produkte werden von Glyphosat-Gegnern als krebserregend eingestuft. Zahlreiche weitere Krankheiten, wie zum Beispiel Alzheimer oder Diabetes werden mit ihnen in Verbindung gebracht. Umweltverbände sehen außerdem eine direkte Verbindung zwischen der Verwendung von Glyphosat und der Krankheit Chronischer Botulismus durch die bereits tausende Rinder starben. Außerdem soll Glyphosat negative Auswirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit und das Bodenleben haben.

Patentierte Welt

Monsanto

Auf der anderen Seite steht vor allem Monsanto. Der weltweit größte Hersteller von Glyphosat-Herbiziden verdient jährlich über 2 Milliarden US-Dollar durch den Vertrieb von Roundup-Produkten. Der Gentech-Konzern bezeichnet Glyphosat als biologisch, abbaubar, umweltfreundlich und ungiftig. Sein Einsatz verspreche lediglich einen effektiveren landwirtschaftlichen Arbeitsprozess und eine ertragreichere Ernte.

Ob Glyphosat nun schädlich für Umwelt, Menschen oder Tiere ist, betrifft uns alle. Glyphosat ist inzwischen der meistgenutzte Inhaltsstoff für Herbizide. 740.000 Tonnen werden weltweit pro Jahr eingesetzt. Auch Hobbygärtner verwenden Glyphosat, um unerwünschtes Unkraut zu vernichten. Aus diesen Gründen werden geringe Mengen Glyphosat mittlerweile regelmäßig in Lebensmitteln gefunden.

In Deutschland gibt es einen Grenzwert, der festschreibt, wie viel Glyphosat sich in Nahrungsmitteln befinden darf. Dieser ist im internationalen Vergleich gering angesetzt. Für ein generelles Verbot sah die Bundesregierung allerdings nie einen Grund. Vor allem das Bundesamt für Risikobewertung (BfR), dessen Einschätzung für die Regierung maßgeblich ist, sperrte sich gegen ein Verbot des Mittels. Dies erzürnt seit Jahren die Gegner von Glyphosat. Das BfR verlasse sich zu sehr auf die Studien der Industrie. Außerdem seien seine Mitglieder selbst zu eng mit dieser verzahnt. Und dann ist da ja noch Monsanto.

Immer wenn Universitäten oder andere Organisation eine Studie veröffentlichten, die Glyphosat als gesundheitsgefährdend einschätzte, ging der Konzern dazu über, die jeweiligen Forscher zu diskreditieren. Außerdem wird Monsanto eine Lobbyarbeit zugeschrieben, die ihresgleichen sucht. Das Handelsblatt schrieb von der erstaunlichen Fähigkeit Monsantos, auf Regierungen einzuwirken und seine Kritiker mundtot zu machen.

Im Marz 2015 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Glyphosat dann als „wahrscheinlich krebserzeugend bei Menschen“ eingestuft. Die Studie bezieht sich auf diverse Untersuchungen in den USA, Kanada und Schweden, die seit 2001 durchgeführt wurden. Umweltorganisationen und weitere Gegner des Wirkstoffs jubelten. Die Einschätzung der WHO könne von den Regierungen kaum ignoriert werden. Nachdrücklich wird ein sofortiges Verbot gefordert. Eine Verlängerung der EU Zulassung von Glyphosat-Herbiziden, die Ende des Jahres ausläuft, schien für viele ausgeschlossen.

Allerdings veranlasste die Bundesregierung bislang keine weitere Prüfung des Wirkstoffes. Der niedersächsische Agrarminister Meyer von den Grünen bezeichnete dies als "dreistes Vorgehen" seitens des Bundes. Außerdem geht der Kampf um die Deutungshoheit weiter. Monsanto versucht nun auch die Studie der WHO anzugreifen und deren Forscher zu diskreditieren. Im Laufe der letzten Monate werden von Monsanto und Glyphosat-Gegnern Studien und Gegenstudien veröffentlicht, die die Ungefährlichkeit, beziehungsweise die Gefährlichkeit des Wirkstoffes beweisen sollen.

Bislang gibt es noch wenig Anzeichen dafür, dass die Politik sich gegen die Industrie auflehnen und Glyphosat verbieten wird. Immerhin geht es um viel, viel Geld.