VON CLEMENS POKORNY | 29.05.2014 18:54

CarSharing: Autos nutzen statt besitzen

Carsharing, das gemeinsame Nutzen von PKW, nimmt in Deutschland rasant zu. Mittlerweile verleihen auch Privatleute ihre Autos, wenn sie sie nicht brauchen – Apps und Internet machen es möglich. Carsharing spart Geld und Parkplätze – Zeit aber kaum. Und flächendeckend lässt sich das Prinzip auch nicht umsetzen. Für Studenten ist das geliehene Fahrzeug aber eine gute Alternative zum eigenen (alle Tarifangaben Stand 5/14).

S-Bahn-Chaos? Transport steht an? Ausflug ins Umland geplant? Für Studenten ergeben sich viele Gelegenheiten, ein Auto zu nutzen. Doch klassische Mietwagen sind teuer. Carsharing dagegen, das Sich-Teilen von PKW unter Voraussetzung der Mitgliedschaft bei einem entsprechenden Unternehmen, ist unter dem Strich viel billiger. Die Nutzer sparen die monatliche Kfz-Steuer und -Versicherung, weil sie nur dann zahlen, wenn sie ein Auto wirklich nutzen – von einem sehr geringen monatlichen Mitgliedsbeitrag abgesehen.

Es muss nicht immer das Eigene sein

Das Auto der Zukunft

Beim Marktführer Stadtmobil etwa kostet die monatliche Mitgliedschaft nur 2 Euro zzgl. einer einmaligen Aufnahmegebühr von derzeit 39 Euro. Dazu kommen für einen Wagen mittlerer Größe tagsüber 2,50 Euro pro Stunde plus 25 Cent pro Kilometer. Stadtmobil behauptet: Wer auf weniger als 12.000 Kilometer im Jahr kommt, fährt mit Carsharing günstiger. Bislang gibt es Stadtmobil allerdings nur in den Ballungszentren entlang des Rheins sowie in Hannover und Berlin. Flinkster, das Carsharing der Deutschen Bahn, ist weiter verbreitet. Insgesamt gibt es bundesweit etwa 150 Anbieter, deren Fuhrpark allerdings unter sehr unterschiedlichen Voraussetzungen zur Verfügung steht: Stattauto in München z.B. verlangt für jedes geliehene Fahrzeug eine hohe Kaution. Unkompliziert geht anders.

Doch der Erfolg der meisten Carsharing-Unternehmen liegt gerade in ihrer Einfachheit. So gibt es seit fünf Jahren nicht mehr nur feste Stationen, an denen man das vorher gebuchte Auto abholen kann. Freefloating nennt sich das Prinzip, geteilte Fahrzeuge auf kostenfreien öffentlichen Parkplätzen abzustellen. Der nächste Nutzer findet das so abgestellte Vehikel über eine App per GPS – unter Umständen deutlich näher als die nächste Station. Dennoch offenbart gerade diese Entwicklung, dass Carsharing von öffentlichen Verkehrsmitteln oder zumindest dem Fahrrad abhängig ist: Das mit anderen geteilte Auto steht eben nicht vor der eigenen Wohnungstür. Wer auf einen eigenen PKW verzichtet, begibt sich damit auch der Freiheit, jederzeit losfahren zu können. Dass dennoch sogar Familien mit Carsharing leben, setzt ein hohes Maß an Disziplin, Planung und Flexibilität voraus. Der Boom von Carsharing findet jedenfalls vor allem in den größeren Städten statt und geht mit einer zunehmend nüchtern-rationalen Einstellung zu dem einher, was einst „des Deutschen liebstes Kind“ war. Doch auf Autos als Statussymbole zu verzichten legen nicht nur gut ausgebaute öffentliche Nahverkehrssysteme nahe, sondern auch die allenthalben gestiegenen Lebenshaltungskosten, nicht zuletzt die immer höheren Mieten. Auch die Parkplatzsuche wird übrigens tendenziell einfacher, je mehr Menschen Carsharing nutzen, denn ein geteiltes Fahrzeug ersetzt laut dem „Bundesverband Carsharing“ vier bis zehn Privatautos. Und selbst wer auf das eigene Auto nicht verzichten möchte, kann einen Teil seiner Versicherungskosten und seiner Steuer damit finanzieren, dass er sein Fahrzeug anderen zur Verfügung stellt – bei „Autonetzer“ z.B. findet man so fast alle Modelle, vom Mini bis zum Porsche 911.

Auch wer weitere Strecken zurücklegen muss, braucht keinen eigenen PKW: Car2go etwa, der Carsharing-Anbieter des Autobauers Daimler, ermöglicht es, einen geliehenen Wagen in einer andern Stadt abzustellen. Kein Wunder, dass Anfang 2014 schon etwa 750.000 Menschen bei einem der Carsharing-Unternehmen Mitglieder waren – 66% mehr als im Vorjahr. Doch das Wachstum des Prinzips „Teilen statt Besitzen“ dürfte endlich sein. In Orten, die für einen eigenen Carharing-Fuhrpark zu klein sind und wo nicht regelmäßig Busse in das nächste Mittelzentrum fahren, dürfte es sich nicht verwirklichen lassen. Für Großstädter aber, die mit dem ÖPNV weitgehend bedient sind, und so auch für Studenten, bietet Carsharing eine gute Alternative zum eigenen PKW.