VON JOACHIM SCHEUERER | 19.05.2014 16:54

Der Brennholz-Boom und der Konflikt zwischen Nachfrage und Nachhaltigkeit

Wer bekommt kein Glitzern in den Augen, beim Gedanken daran, mit einem heißen Getränk und einem guten Buch bewaffnet in der gemütlichen Stube vor dem knisternden Kamin auf der Couch zu kuscheln, während es draußen regnet oder schneit? So oder so ähnlich lautet wohl die Indoor-Lagerfeuer-Fantasie, die mehr und mehr Deutsche dazu bewegt, sich einen Kamin oder einen Pelletofen anzuschaffen. 15 Millionen Kamine und 278.500 mit Pellets betriebene Öfen kommen in Deutschland bereits zum Einsatz und die Tendenz ist mit 400.000 neuen Kesseln pro Jahr stark steigend. Dass diese rasante Entwicklung einige Fragen aufwirft und mitunter erhebliche Probleme birgt, liegt auf der Hand. Ist die große Nachfrage nach Holz denn noch mit den Nachhaltigkeitskriterien der Forstwirtschaft zu vereinbaren? Woher stammt das Holz, das in den heimischen Herden landet, überhaupt? Und wie klimaverträglich ist dieser Brennstoff, Stichwort CO2, tatsächlich?


Das Fieber der Deutschen nach dem in Fachkreisen auch als „stehendes Gold“ bezeichneten Holz, stellt die, auch als Erfinderin der Nachhaltigkeit gerühmte, deutsche Forstwirtschaft vor ein logistisches Problem. Wie soll der Holzhunger der Deutschen gestillt werden, ohne das ökologische Gleichgewicht der Wälder überzustrapazieren? Mittlerweile übersteigt der Bedarf für Holz als Brennstoff die Nutzung als Baustoff. 73 Millionen Kubikmeter wurden 2012 abgeholzt.

Ressourcenknappheit und die vergleichsweise strengen Regeln für Einschlags-Raten in deutschen Wäldern, bewegen die Branche deshalb zunehmend zum Import des Brennholzes aus dem europäischen Ausland, zu Lasten der Qualität, aber auch der Legalität. Denn trotz der Bestrebungen der EU im Bereich der Bekämpfung illegalen Holzeinschlags, ist anzunehmen, dass nicht selten auch Raubholz in den Holzpaletten der Baumärkte landet.

Greenwashing

Zumal die im Auftrag der EU von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) durchgeführten Kontrollen und Überwachungsinitiativen eher lax ausfallen. So wurden bisher erst 12 der 1.200 Holzunternehmen überprüft und das aber auch nur schriftlich. Der Verweis der BLE auf die Eigenverantwortlichkeit der anderen EU-Länder in Sachen Kontrolle wirkt dabei etwas leichtfertig und wenig überzeugend. Macht man sich es da nicht ein bisschen zu einfach?

Besonders stark ist der Anstieg des Holzeinschlags in Zentral- (um 23%) und Südosteuropa (um 78%) seit dem Millennium. Allein in Bulgarien hat sich die Rate verdoppelt.

Fragwürdig ist aber nicht nur die Herkunft des Holzes, sondern auch die oftmals betonte Klimaneutralität von Brennholz. Denn obwohl Holz im Gegensatz zu Öl und Gas kein zusätzliches, vorher unter der Erde gelagertes, CO2 freisetzen, trägt das vom Baum absorbierte und beim Verbrennen wieder freigesetzte, natürliche CO2 der Luft zum Klimawandel bei. Beim Berechnen des vermeintlich 40% höheren Brennwertes von Holz im Verhältnis zu Gas und Öl, verändern zudem die oftmals vergessenen Zerkleinerungs-, Trocknungs-, Speicherungs- und Transportkosten die Energiebilanz der Biomasse. Auf die Schadstoffemissionen hat außerdem auch die Größe der verbrannten Holzscheite Einfluss. Zu dicke Scheite verbrennen sehr langsam, setzen mehr Schadstoffe frei und trocknen langsamer. Trockenheit ist jedoch insofern wichtig, als feuchtes Holz mehr Rauch bildet und somit mehr giftige Stoffe wie Kohlenmonoxid, Methan, Essigsäure etc. freisetzt.

In Sachen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit gilt in Sachen Holz bisweilen das Gleiche wie im Bereich der biologischen Ernährung. Je lokaler und regionaler das Holz, desto besser. Zertifikate wie z.B. das Forest Stewardship Council (FSC) helfen darüber hinaus bei der Orientierung und markieren Holz aus verantwortungsvoller Wirtschaft.

Gleichzeitig stellt sich jedoch auch die Frage, ob Brennholz angesichts der dringenden klimatisch bedingten Probleme unserer Welt noch zeitgemäß ist. Die gemütliche, holzbeheizte Stube ist sicherlich eine schöne romantische Vorstellung, aber vielleicht auch eine, von der wir uns auf lange Sicht verabschieden müssen. Denn massenhafte Nachfrage und Nachhaltigkeit sind zwei Dinge, die sich widersprechen.