VON MAXIMILIAN REICHLIN | 09.12.2015 14:17

Amerika und Asien einigen sich auf umstrittenes Freihandelsabkommen TPP

Erst kürzlich ist das Freihandelsabkommen TPP beschlossen worden. Nun steht nur noch die Zustimmung der einzelnen Parlamente der Mitgliedstaaten aus. Mit dem Vertrag wird vor allem der Handel zwischen Nord- und Südamerika und Asien gefördert. Von verschiedenen Seiten wird aber nun befürchtet, dass es sich bei TPP um ein Abkommen handelt, das lediglich großen internationalen Konzernen nützt. Das ist auch für Europa bedenklich, da viele der in der TPP beschlossenen Praktiken auch Teil des in Verhandlung befindlichen Abkommens TTIP zwischen EU und USA sein könnten. UNI.DE informiert.

Im Oktober haben sich zwölf Pazifikanrainer auf das jahrelang diskutierte Freihandelsabkommen TPP geeinigt. In Atlanta im US-Bundesstaat Georgia ging die letzte Verhandlungsrunde zu Ende. Noch ist das umstrittene Abkommen allerdings nicht in Kraft getreten, da nun erst die Parlamente der einzelnen Mitgliedstaaten über den Inhalt der im Geheimen ausgearbeiteten Verträge abstimmen müssen.

Ziel der TPP: Handel zwischen Asien und Amerika ausweiten

Mitglieder der sogenannten Transpazifischen Partnerschaft sind im Einzelnen die USA, Australien, Brunei, Kanada, Chile, Japan, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam. China nimmt nicht am Abkommen Teil. Ziel der TPP ist auch, den Einfluss Chinas vor allem im asiatischen Raum zu begrenzen, wo die Großmacht schon seit einigen Jahren recht aggressiv die eigenen wirtschaftlichen Interessen vertritt. Mit dem neuen Freihandelsabkommen wird der transpazfische Export für die meisten Mitgliedstaaten nun günstiger und attraktiver.

Das Freihandelsabkommen TPP soll in erster Linie Handelshemmnisse zwischen den Teilnehmerstaaten – beispielsweise hohe Zölle auf Im- und Export – reduzieren und verbindliche Standards setzen. Das hätte mitunter enorme Auswirkungen auf das Preisniveau von Waren und Dienstleistungen. Illustriert werden können diese Auswirkungen am Beispiel Vietnam: Da durch die TPP gleiche Standards in allen Mitgliedstaaten gelten müssen, wäre der ehemalige amerikanische Kriegsgegner verpflichtet, einen Mindestlohn einzuführen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Gleichzeitig fallen allerdings die Zollschranken von aktuell bis zu 32 Prozent, was den Export des Landes steigern würde. Vietnam gilt deshalb als einer der großen Gewinner der TPP.

Soll TPP lediglich Konzerne und Unternehmen begünstigen?

Heftig diskutiert werden die sogenannten ISDS (Investor-state dispute settlement; dt.: Investoren-Staat Streitbeilegung). Das sind Bestimmungen, um die Rechte von ausländischen Investoren gegenüber den Regierungen der teilnehmenden Staaten zu stärken. Bei den Investoren handelt es sich meistens um multinationale Konzerne. Diese hätten durch die TPP verstärkt ein Anrecht auf Entschädigungen bei Umsatzeinbußen – etwa, wenn eines der Partnerländer Maßnahmen eingeleitet hat, die die Gewinne der jeweiligen Investoren in diesem Land schmälern würden. So hat etwa der Tabakkonzern Philip Morris in der Vergangenheit Klagen gegen die Regierung Australiens eingereicht, weil diese vorschreibt, dass Zigaretten Warnhinweise tragen müssen.

Nobelpreisträger und Ökonom Joseph Stiglitz hält die meisten Argumente für die TPP auch aus diesem Grund für „Unsinn“. Wie viele andere Fachleute ist er davon überzeugt, dass es sich bei dem Abkommen nicht um eine Vereinbarung handele, die den freien Handel unterstützt, sondern lediglich um eine Reihe von Bestimmungen, die die Befugnisse großer Konzerne ausdehnt. Stiglitz kritisiert außerdem, dass „Interessengruppen außerhalb der Wirtschaft vom politischen Prozess ausgeschlossen werden“. Von Freihandel könne man in Anbetracht solch diskutabler Entscheidungen nicht sprechen.

TTIP: Noch immer zu viele Fragezeichen

TPP könnte ein schlechtes Vorbild für TTIP sein

Bedenklich sind diese Praktiken nicht zuletzt auch für Europa. Zwar ist kein Land der Europäischen Union Mitglied der TPP, die hauptsächlich den Freihandel zwischen Nord- und Südamerika und Asien regelt. Allerdings gilt die TPP als inoffizielles Vorbild für die geplanten europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommen TTIP und TiSA. So ist der Investorenschutz auch ein Teil des in Verhandlung befindlichen Vertrags TTIP. Das Dienstleistungsabkommen TiSA hingegen stärkt die Positionen von Firmen und Konzernen vor allem hinsichtlich der Umgehung geltender Datenschutzbestimmungen und könnte zur Privatisierung ganzer Dienstleistungssektoren wie Wasser- und Stromversorgung führen.

Beide Abkommen sind deshalb in Europa stark umstritten. Wie bereits das transpazifische Abkommen TPP werden auch die transatlantischen Verträge unter Ausschluss der Öffentlichkeit erarbeitet, weswegen aktuell kaum Informationen über den Verlauf der Gespräche zwischen EU und USA vorliegen. Klar ist nur, dass es im Februar 2016 eine weitere Verhandlungsrunde zwischen den europäischen Staaten und den USA geben wird, in der es um die Aufgabenverteilung gehen soll. Kritische Fachleute befürchten deshalb, dass das Abkommen bereits zu weit fortgeschritten ist, um es noch zu kippen. Dennoch existieren diverse Bündnisse, Verbände und Petitionen, um TTIP und TiSA aufzuhalten, zum Beispiel „STOP TTIP“ sowie „TISA Stoppen“.