VON CLEMENS POKORNY | 06.05.2013 16:32

Altersarmut: Der entwürdigende Lebensabend

Altersarmut nimmt hierzulande immer mehr zu. Die Ursachen dafür liegen nicht nur in der demographischen Entwicklung, sondern sind vielfach hausgemacht – und es fehlt der politische Wille, durch Umverteilung gesellschaftlichen Wohlstands oder Förderung guter Arbeit etwas daran zu ändern.


Eine Frau sammelt Flaschen, ein Mann durchwühlt eine Mülltonne: Ein alltägliches Bild der Armut in deutschen Großstädten. Und das Schlimmste daran: Die Frau und der Mann sind oft beide weit über 60 Jahre alt. Sie haben ihr Leben lang gearbeitet, doch nun reicht ihre Rente nicht für den Lebensabend. Menschen wie sie sieht man immer häufiger, und wenn nicht gegengesteuert wird, droht dieser Trend sich jahrzehntelang weiter zu verschärfen. Wie kommt es zur immer weiter zunehmenden Altersarmut, und was wird bisher dagegen getan?

Eine Lösung für vieles: Das Bedingungslose Grundeinkommen

Schon heute leben 50% der Männer und 95% der Frauen über 65 Jahren von weniger als 1000 Euro im Monat. Als arm gilt dabei laut WHO-Definition, wessen Einkommen weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens beträgt. Allein zwischen 2003 und 2005 nahm die Zahl der Ab-65-Jährigen, denen der Staat mit Sozialleistungen unter die Arme greifen muss, um 20% auf 2,2% zu. Und ihr Anteil an der Gesamtzahl der Rentner wird weiter steigen: Wer jenseits der 50 seinen Job verliert, hat heutzutage kaum eine Chance mehr, einen neuen zu finden. Langzeitarbeitslosigkeit bedroht insbesondere niedrig Qualifizierte schon im jüngeren Alter. Die vielen Alleinerziehenden, Hausfrauen und -männer oder auch längerfristig pflegende Angehörige können kaum für ihr Alter vorsorgen. Die politisch gewollte Ausweitung der Leih- und Zeitarbeit hat den Niedriglohnsektor immer weiter anschwellen lassen; die Arbeitslosenzahlen sinken zwar, aber vor allem deshalb, weil Geringverdiener, Menschen in Umschulungsmaßnahmen und Andere, die kaum oder gar nicht in die Rentenkassen einzahlen können, aus den Statistiken verschwunden sind. Die demographische Entwicklung in Deutschland – immer mehr Alte, immer weniger Junge – beschleunigt diese Entwicklung und gefährdet den Generationenvertrag. „Die Altersarmut wird deutlich zunehmen“, befürchtet daher Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands.

Was tun? Gerade die genannten Risikogruppen können sich private Vorsorge, auch in Form der staatlich geforderten Riester- oder Rürup-Rente, kaum leisten. Die Politik wäre gefragt, die Schaffung gut bezahlter Arbeitsplätze zu fördern und die Ausweitung gering entlohnter Arbeitsverhältnisse einzudämmen, um die demographische Schieflage so weit als möglich zu korrigieren und die Rentenkassen zu stabilisieren. Doch stattdessen schönt die Bundesregierung ihren Arbeitsbericht, der dennoch offenlegt, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgeht, immer mehr Menschen immer weniger vom Wohlstand dieses Landes abbekommen und daher in Zukunft von Altersarmut bedroht sein werden. Und so werden wir uns an das Bild alter Menschen gewöhnen müssen, die gezwungen sind, nach einem langen harten Erwerbsleben den Müll dieser Gesellschaft zu durchwühlen.