VON SINEM S. | 10.01.2013 16:43

Frauenquote

Frauen haben schlechtere Chancen als Männer - die Ungerechtigkeit gegen Frauen nimmt zwar stetig ab, wie der Global Gender Gap Report 2012 zeigte, doch am Ziel sind die Bemühungen um eine geschlechterunabhängige Behandlung im Arbeitsleben noch lange nicht. Fehlende Ausbildungs-und Karrieremöglichkeiten, mangelnde Betreuung für Kinder und Unvereinbarkeit von Familienalltag und Arbeitszeiten sind häufig mit ein Grund, warum Frauen von sich aus auf eine Karriere verzichten. Deutschland liegt im weltweiten Vergleich auf Platz 13 von 135, und rutscht im Vorjahresvergleich um zwei Plätze runter. Was einen irgendwie verwundert, werden die Diskussionen um die sogenannte „Frauenquote“ doch immer hitziger, und der Schrei nach Veränderung immer lauter.

Die nordischen Länder machen es einem wieder einmal vor, wie Geschlechterneutralität funktionieren soll, vor allem im Berufsleben. Island belegt dabei die Spitzenposition, hier sind Mann und Frau weitestgehend gleichgestellt. Knapp dahinter liegen Finnland, Norwegen und Schweden. In Schweden beträgt die Frauenquote im schwedischen Parlament sogar 45 Prozent, Deutschland kann sich also noch einige Scheiben von unseren Nachbarn abschneiden. Vor allem in den Bereichen Löhne und Topjobs schneidet Deutschland besonders schlecht ab, weltweit liegen wir auf Platz 90, was den Lohnunterschied für Männer und Frauen betrifft. Die Skandinavier haben bereits Frauenquoten in Politik und Wirtschaft eingeführt, mit Erfolg, wie man sieht. Doch es sind nicht nur die gesetzlichen Regelungen zur Frauenquote in Aufsichtsräten und Vorständen großer Unternehmen, es sind auch die vorbildlichen Maßnahmen in puncto Kinderbetreuung und Ausbildungschancen für junge Frauen, die den Ländern im Norden nicht nur neidische Blicke der Nachbarstaaten bescheren, sondern auch dafür sorgen, dass immer mehr Kinder geboren werden. Staatlich geförderte Elternzeiten, obligatorische Vätermonate und spezielle Programme, die Frauen den Berufseinstieg nach der Geburt erleichtern, sind nur ein paar davon.

Pro Frauenquote

Equal Pay Day

Im November kam die Frauenquote aus Brüssel- der erste Gesetzesvorschlag der EU-Kommission. Diese schreibt vor, dass alle börsendotierten Firmen bis 2020 ihre Aufsichtsratsposten zu 45% mit Frauen besetzen, sofern diese die gleichen Qualifikationen wie ihre männlichen Bewerber mitbringen. Bei Nichteinhaltung drohen Sanktionen oder sogar die Annullierung der „fehlbesetzten“ Plätze. Ob das Ganze so durchgeht, ist noch fraglich, EU-Parlament und Mitgliedsstaaten müssen diesem Entwurf noch zustimmen. Deutschland ist dagegen, soviel steht schon mal fest. Eine Einmischung auf internationaler Ebene möchte die Bundesregierung nicht, denn sie kann sich nicht einmal intern darüber einig werden, wie es nun weitergehen soll mit der Gleichstellung von Mann und Frau. Befürworter der Frauenquote argumentieren damit, dass Frauen ebenso gut ausgebildet seien wie Männer, und Unternehmen, die in weiblicher Hand liegen, sogar bessere Ergebnisse erzielten. Das Betriebsklima werde besser, denn Frauen kommunizierten meistens anders- und effizienter. Dennoch könnten Frauen häufig ihre Stärken nicht so gut zur Geltung bringen, da sie aufgrund ihrer Sozialisierung eher dazu angehalten werden, diese zu verbergen. Es gilt also auch von Seiten der Frauen, selbstbewusster und fordernder zu werden, und die berühmten „Ellenbogen“ ruhig auch mal einzusetzen, so wie die männlichen Kollegen auch.

Diskriminierung der Männer?

Die Gegner der Frauenquote halten dagegen, dass diese verfassungswidrig sei, da sie die Männer diskriminieren würde, und die unternehmerische Freiheit stark einschränke. Zudem würden Frauen, die aufgrund der Quote eingestellt werden, nur noch als Quotenfrau abgestempelt werden. Außerdem wählten Frauen traditionsbewusst immer noch eher „weibliche“ Berufe und die Zahl der Bewerberinnen für manche Positionen lasse eine Frauenquote gar nicht zu. Frauen sollten sich also ruhig auch schon bei der Ausbildungswahl nicht von männlich besetzten Berufen einschüchtern lassen. Die Frauenquote für den Aufsichtsrat einer Firma gesetzlich zu regeln, wäre ebenfalls ein Tropfen auf dem heißen Stein, da der Aufsichtsrat sowieso nicht in die operativen Geschäfte eingreifen kann, einzig symbolische Kraft hätte diese Gesetzgebung. Dass viele Frauen gar keine Karriere machen wollten, sondern lieber für die Familie sorgen, ist ebenfalls ein Argument, wenn auch ein sehr fadenscheiniges. Denn wenn Frauen gar keine Möglichkeit haben, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, ist es verständlich, wenn die Familie erst einmal vorgeht. Doch im Norden wird uns vorgemacht, wie genau dies möglich ist, und die skandinavischen Frauen unterscheiden sich von den deutschen mit Sicherheit nicht in ihren Karrierewünschen, sondern nur in ihren Möglichkeiten.