Und was macht man dann damit? Hätte ich jedes Mal, wenn ich diese Frage hören durfte, einen Euro bekommen, dann hätte ich heute verdammt viele Euros. Denn ich bin Germanistik-Student und damit zukünftiger Kunde bei den Sozialkassen. So zumindest ist das Bild, das viele haben.
Tatsächlich bieten die vielfältigen sprachwissenschaftlichen Studiengänge nach wie vor interessante Berufsaussichten, auch außerhalb einer akademischen Karriere. Voraussetzung ist allerdings bei nahezu allen Fächern ein hohes akademisches sowie außerakademisches Engagement. Das heißt: Für Seminararbeiten büffeln und praktische Erfahrungen, in Sinne von Praktika oder Nebenjobs sammeln. Wer gerne an der Uni bleiben möchte, benötigt zumeist exzellente Noten und sollte sich bereits während des Studiums um einen Einstieg in das akademische Geschehen, etwa als studentische Hilfskraft oder als Tutor, kümmern.
Welche Fächer gibt es?
Als klassisches Fach der Linguistik gilt die allgemeine Sprachwissenschaft (allgemeine Linguistik). Sie beschäftigt sich insgesamt mit dem System der menschlichen Sprache. Möchte man sich also nicht speziell mit Einzelsprachen, sondern mit allgemeinen Merkmalen und Funktionen von Sprache befassen, ist man hier richtig. Übersprachliche Gemeinsamkeiten der verschiedenen Einzelsprachen herauszustellen sowie Gesetzmäßigkeiten sprachlicher Veränderungen zu untersuchen sind Hauptaufgaben der allgemeinen Sprachwissenschaft.
Studieren kann man allgemeine Sprachwissenschaften an zahlreichen Unis, unter anderem an den Unis in Regensburg, Göttingen und Bamberg. Dort lernt man alle Erscheinungsformen der menschlichen Sprache sowie ihre kognitiven Grundlagen kennen. Außerdem behandelt man die soziale Funktion der Sprache, den Spracherwerb, sowie den historischen Wandel innerhalb einer Sprachgemeinschaft.
Wer den Boden der Theorie gerne auch mal verlassen möchte, ist in der angewandten Linguistik richtig. Diese nimmt sich Herausforderungen an, die sich durch menschliche Kommunikation sowie Wissensorganisation, -weitergabe, und -verarbeitung ergeben. Teilweise gibt es Überschneidungen zwischen den angewandten und den allgemeinen Sprachwissenschaften, etwa wenn letztere nicht eine Sprache als abstraktes System, sondern eine tatsächlich geäußerte Sprache untersucht. Weiterhin fallen auch alle linguistischen Disziplinen unter die angewandte Sprachwissenschaft, die die Anwendung linguistischer Forschungsergebnisse auf gesellschaftliche Probleme, oder andere wissenschaftliche Fachgebiete wie Medizin, Informatik oder Philosophie zum Thema haben. Wie strikt die Trennung zwischen allgemeiner und angewandter Sprachwissenschaft ist, hängt von der jeweiligen Universität ab.
Die Berufsaussichten sind bei beiden Studiengängen vielfältig und hängen stark von der jeweiligen Spezialisierung ab. Zum Beispiel gibt es, zumeist bei der angewandten Sprachwissenschaft, die Möglichkeit, sich auf Computerlinguistik zu spezialisieren. Diese untersucht, wie natürliche Sprache in Form von Text oder Sprachdaten mittels Computers algorithmisch verarbeitet werden kann. Durch die fortschreitende Digitalisierung erlebt das Fach gerade einen starken Aufschwung und kann an zahlreichen Unis bereits als eigenständiges Fach studiert werden. Gerade im IT-Bereich, bei der Visualisierung komplexer Datenstrukturen oder bei der Erstellung digitaler Editionen bietet ein Abschluss in Computerlinguistik zahlreiche Berufsperspektiven. Wie andere Digital Humanities, also Studiengänge, die sich auf die Anwendung von computergestützten Verfahren spezialisiert haben und Daten der Geisteswissenschaften digitalisieren möchten, gilt die Computerlinguistik als Schnittstelle zwischen Sprachwissenschaft und Informatik.
Eng mit der Computerlinguistik und deren Verfahren verwandt sind Psycholinguistik und Neurolinguistik. Die Psycholinguistik beschäftigt sich mit der Repräsentation von Sprache im Gehirn, allerdings ohne wie die Neurolinguistik die anatomischen und physiologischen Aspekte der für den Spracherwerb zuständigen Hirnregionen zu erforschen. In der Psycholinguistik arbeitet man mit sprachlichen Daten, die systematisch erhoben werden, weshalb auch Statistik ein fester Bestandteil des Studiengangs ist. In der Neurolinguistik wird häufig untersucht, ob Hypothesen aus der Psycholinguistik oder anderen sprachwissenschaftlichen Fächern biologisch untermauert werden können. Beide Studiengänge suchen nach Fehlerquellen beim Spracherwerb und geben entweder psychologische oder medizinisch-neurologische Lösungsvorschläge. Bei beiden Studiengängen gibt es berufliche Perspektiven in der akademischen sowie nicht-akademischen Forschung oder - wie bei dem eng verwandten Studiengang der klinischen Linguistik - in sprachtherapeutischen Einrichtungen und Sprach-Kliniken. Alle drei Bereiche sind sogenannte Schwerpunkt Fächer, also Fächer, auf die sich Studierende zumeist im Rahmen eines übergeordneten Sprachwissenschaftlichen Studiums spezialisieren.