VON CLEMENS POKORNY | 12.03.2013 12:06

Sotschi 2014: Die Putin-Spiele

Wladimir Putin versucht die Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 als sein eigenes Verdienst zu inszenieren. Angesichts diverser Probleme ist dieses Vorgehen durchaus riskant.

Seit 1924 gilt auch in Wintersportarten alle vier Jahre das Motto: „citius, altius, fortius“ – „schneller, höher, stärker“. 2014 werden die Olympischen Winterspiele erstmals in Russland ausgetragen. Kurioserweise allerdings nicht in einer der borealen Regionen des Landes, sondern an der subtropischen Schwarzmeerküste, genauer gesagt: in und um die Stadt Sotschi an den Füßen des Kaukasus.

Nachdem sich Sotschi 2007 gegen Salzburg und die südkoreanische Kleinstadt Pyeongchang durchgesetzt hatte, mussten und müssen die Sportanlagen gänzlich neu aus dem Boden gestampft werden. Im Olympiapark werden erstmals in der Geschichte der Winterspiele alle Hallen zusammengefasst und untereinander zu Fuß erreichbar sein. Die Schnee-, Bob- und Rodelwettbewerbe sollen in der „Schnee-Region“ rund um das 4000-Seelen-Dorf Krasnaja Poljana ausgetragen werden, das derzeit mit Milliardeninvestitionen zu einem exklusiven Wintersportresort ausgebaut wird. Mit umgerechnet etwa 50 Milliarden Dollar Gesamtkosten dürften in Sotschi die teuersten Olympischen Spiele überhaupt veranstaltet werden – zum Vergleich: die letzten Winterspiele in Vancouver im Jahr 2010 kosteten nur ein Zehntel dieser Summe.

Macht – nicht nur eine Fähigkeit

Der russische Präsident Wladimir Putin überwacht den Fortschritt der Bauarbeiten alle paar Monate persönlich, damit das viele Geld nicht z.B. für Korruption zweckentfremdet werde. So oder so sind allerdings die Kosten während der unerwartet langen Bauzeit explodiert. Angesichts der Dimensionen des Projekts liegt der Verdacht nahe, dass Putin sich mit den Olympischen Winterspielen und der bleibenden Umgestaltung der Unruheregion Nordkaukasus selbst ein Denkmal setzen will. Doch damit wäre er schon im Vorfeld gescheitert, wie NGOs finden. Naturschützer wie Greenpeace und WWF haben den Spielen ihre Kooperation aufgekündigt, um nicht länger als Feigenblatt für eine Veranstaltung zu dienen, die letztendlich ca. 20.000 Hektar Wald in einem Naturschutzgebiet zerstören wird. Zudem wurden bereits 1.500 Häuser für die Errichtung der Spielstätten dem Erdboden gleichgemacht; wer nicht weichen wollte, wurde gewaltsam vertrieben. Das Volk der Tscherkessen kritisiert ferner, dass die Olympioniken auf Massengräbern ihrer Vorfahren Sport treiben würden, von denen bereits eines entdeckt wurde. Im 19. Jahrhundert wurden die Tscherkessen im Zuge des Kaukasuskrieges aus ihrer Heimat vertrieben, Hunderttausende starben auf der Flucht. Weil dieses Massensterben absehbar war, sprechen ihre Nachfahren heute von einem Genozid, den Russland an ihnen verübt habe, ähnlich dem Völkermord der Türkei an der armenischen Minderheit während des 1. Weltkriegs.

Ein Boykott der Spiele seitens einzelner Wintersportnationen angesichts dieser Umstände ist freilich nicht absehbar. Wie wohl alle Olympischen Spiele werden auch diejenigen in Sotschi zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Region führen, in der sie ausgetragen werden. Dadurch, dass er das prestigeträchtige Olympia 2014 als Chefsache behandelt, könnte Putin seine politische Vormachtstellung weiter festigen.