VON CLEMENS POKORNY | 05.01.2016 16:11

Jede Menge heiße Luft: Tricksereien der Autoindustrie jenseits des VW-Skandals

Der VW-Konzern hat die Abgaswerte von Millionen seiner Motoren manipuliert. So weit, so bekannt. Über die Folgen dieses Betrugs wurde in den vergangenen Wochen dagegen weniger berichtet. Und nur kritische Köpfe wie der Publizist Winfried Wolf weisen darauf hin, dass eine andere Trickserei der Autobauer viel gravierendere Folgen zeitigt – nämlich beim Kraftstoffverbrauch.


Seit Herbst 2015 weiß die breite Öffentlichkeit, dass VW den Stickoxid-Ausstoß in der Motorsteuerung seiner Fahrzeuge – auch der Benziner – manipuliert hat, um die Abgasnormen in den USA und in der EU einzuhalten. Damit wurden nicht nur unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Gesetze zum Schutz des Klimas gebrochen und Green Washing betrieben. Dem Staat, also uns allen, sind aufgrund des Betrugs auch hohe Beträge an KFZ-Steuern entgangen. Denn die Kraftfahrzeugsteuer, die ein Halter für sein Auto entrichten muss, bemisst sich unter anderem am Schadstoffausstoß seines Modells.

Die Atmosphäre ist ein Niemandsland

Doch schon viel länger ist bekannt, dass die Automobilindustrie ganz legale Tricks anwendet, um den Spritverbrauch, den sie für ihre Modelle angeben muss, niedriger erscheinen zu lassen als er tatsächlich ist. Die Verbrauchswerte werden nämlich noch bis August 2017 unter Laborbedingungen ermittelt, die sich weit davon unterscheiden, was ein Auto auf der Straße in Wirklichkeit schluckt. Und der International Council on Clean Transportation (ICCT), der schon das VW-Dieselgate publik machte, hat mittlerweile nachgewiesen: Die offiziellen Angaben zum Kraftstoffverbrauch und die realen Werte driften seit Jahren immer weiter auseinander! Lagen sie im Jahr 2001 im Durchschnitt noch um etwa 8% auseinander, war diese Schere bis 2014 auf 40% angewachsen. Und anders als beim Abgasskandal gilt dies nicht nur für Fahrzeuge des VW-Konzerns, sondern für alle in Europa verkauften Autos. Bei den Verbrauchswerten zu betrügen hat also viel mehr Folgen als nur die Abgaswerte zu manipulieren. Denn durch die Vorspiegelung niedrigerer Verbrauchswerte entsteht auch der Eindruck niedrigerer CO2-Werte – bei allen Autobauern. Und so prellen alle europäischen Fahrzeugkonzerne die EU-Länder massiv um KFZ-Steuern, geben ihre Produkte als weniger umweltschädlich aus als sie sind und suggerieren ihren Kunden auch noch unrealistisch geringe Ausgaben für Kraftstoff.

Warum der Unterschied zwischen den Angaben zum Spritverbrauch und den realen Werten immer weiter steigt, wissen wohl nur die Autobauer. Die Schere zwischen beiden öffnet sich aber immer mehr, seitdem die EU erstmals die Hersteller zur CO2-Reduktion verpflichtet hat. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt! Fest steht jedoch: Den Beitrag zum Klimaschutz, den die Fahrzeugkonzerne zu leisten behaupten, gibt es nicht. Wenn man die schön gefärbten Verbrauchswerte korrigiert, sinken die CO2-Emissionen deutlich langsamer als behauptet. Und da die PKW-Flotte auf den Straßen der Welt, auch auf europäischen, immer weiter wächst, bleibt der Straßenverkehr eine der Hauptursachen für den menschengemachten Klimawandel.