VON SINEM S. | 29.01.2013 14:56

Slow Food

Es gibt viele Möglichkeiten, im Leben zu entschleunigen. Slow Food ist eine davon. Die Bewegung hat es sich zum Ziel gemacht, die Kultur des Essens und Trinkens zu pflegen und lebendig zu halten. Sie besteht weltweit aus bewussten Genießern und Konsumenten, die sich nicht mehr der Nahrungsmittelindustrie unterwerfen wollen. Die Non-Profit-Organisation, die sich durch Spenden und Mitgliedsbeiträge finanziert, möchte eine neue Bewegung des Essens schaffen.

Slow Food - gemeint ist nicht etwa das langsame Essen, sondern die Entscheidung, durch sein Essen und die Auswahl der Nahrungsmittel ein Statement für Nachhaltigkeit und Genuss zu setzen. Die Bewegung stammt aus Italien, deren Gründer Carlo Petrini 2006 die Grundbegriffe der neuen Gastronomie formulierte: Buono, pulito e giusto - gut, sauber und gerecht. In einer Zeit, in der Fast-Food und Massentierhaltung ihren Tribut fordern, möchte Slow Food weltweit einen Gegenentwurf zur schnelllebigen Lebensmittelindustrie schaffen. Dabei soll nachhaltige Landwirtschaft und Viehzucht gefördert werden. Anders als es die Anonymität der zahllosen Supermärkte erlaubt, sollen die Verbraucher wissen, wie ihr Essen hergestellt wird und mit den Nahrungsmittelproduzenten ins Gespräch kommen.

Du bist, was du isst?

Alle Mitglieder der Slow Food- Bewegung können sich in die Arbeit der Organisation einbringen, es finden unterschiedliche Aktionen und Aktivitäten statt, mit deren Hilfe die Ideale des Slow Food verbreitet werden sollen. Mit der Aktion „Teller statt Tonne“ möchte die Organisation zum Beispiel darauf aufmerksam machen, dass jährlich Tonnen von Lebensmitteln weggeworfen werden, obwohl sie noch genießbar wären. Tragischerweise unterstellt die Nahrungsmittelindustrie dem Kunden strenge ästhetische Ansprüche, was das Aussehen und die Beschaffenheit der Ware betrifft. Hat eine Banane nicht mehr die richtige Farbe oder sind die Zucchinis zu krumm, landen sie statt auf dem Teller in der Tonne. Mit einer aufsehenerregenden Demonstration am 19. Januar in Berlin, die unter dem Motto „Wir haben es satt“ stattfand, skandierten die Teilnehmer für eine nachhaltigere bäuerliche Landwirtschaft. Das Projekt „Tausend Gärten in Afrika“ setzt sich für die Errichtung von gemeinschaftlichen Nutzgärten in Afrika ein, wodurch die Einwohner der jeweiligen Dörfer gesundes Essen selbst anbauen können, und somit zusätzliches Einkommen für die Gemeinde erwirtschaftet werden kann.

Slow Food kann auch studiert werden

Die weltweit erste Universität für gastronomische Wissenschaften in Palermo und Parma wurde von Slow Food gegründet, die Studiengebühren für Lehrveranstaltungen, Verpflegung und Unterkunft betragen derzeit 19.000 Euro pro Jahr. Die Studenten kommen aus aller Welt, wer sich die Gebühren nicht leisten kann, kann sich auf eines der begehrten Stipendien bewerben. Für Slow Food Deutschland ist der Partner die Deutsche Akademie für Kulinaristik in Bad Mergentheim. Nach drei Jahren intensiver theoretischer Warenkunde, Versuchsküchen und Weinproben steht die Examensarbeit zu einem kulinarischen Thema an. Auf diese Weise können die Absolventen die Slow Food-Lehre in der ganzen Welt verbreiten, sei es, dass sie einmal bei großen Lebensmittelkonzernen arbeiten oder selber eine Slow Food-Supermarktkette eröffnen. Dies ist auch die Grundidee der Slow Food-Bewegung: Veränderung soll da stattfinden, wo sie am dringendsten gebraucht wird, und das sind nun mal die großen Konzerne, für die Nachhaltigkeit oft noch ein Fremdwort ist. Kritisiert wird an der Bewegung aber vor allem die elitäre Grundhaltung, dass nichts Billiges auf den Tisch kommen darf - aber nicht jeder kann es sich leisten, die Nahrungsmittel nach den Slow Food-Kriterien zu beziehen. Allerdings weiß der Kunde auch, dass gute und nachhaltige Herstellungsbedingungen seinen Preis haben.