VON CLEMENS POKORNY | 08.02.2012 16:34

Mehr Profit durch glückliche Mitarbeiter

Glückliche Mitarbeiter erbringen bessere Leistung. Für unsere Zufriedenheit ist aber nicht das Einkommen, sondern privates Glück und die Atmosphäre am Arbeitsplatz entscheidend. Unternehmen wie auch die Politik müssten darauf mehr Rücksicht nehmen, fordert der Ökonom Karlheinz Ruckriegel

Geld allein macht nicht glücklich, weiß der Volksmund. Die Glücksforschung (vgl. dazu auch den Beitrag „Auf der Suche nach dem Glück“) hat laut dem Volkswirtschaftswissenschaftler Karlheinz Ruckriegel gezeigt, dass sieben Faktoren dafür verantwortlich sind, ob ein Mensch glücklich ist: Neben der materiellen Ausstattung, also vor allem dem Einkommen, sind dies Familie, Arbeit, soziales Umfeld, Gesundheit, individuelle Freiheit und Spiritualität. Untersuchungen des US-amerikanischen Soziologen Richard Layard zufolge ist die Zahl glücklicher Menschen in den vergangenen fünf Jahrzehnten in fast allen westlichen Ländern trotz steigender Einkommen gleich geblieben (R. Layard: Die glückliche Gesellschaft. Frankfurt/New York 2005, S. 44.). Das liegt nach Ruckriegel zum einen daran, dass nicht das absolute, sondern das relative Einkommen von Bedeutung ist: Glücklich bin ich dann, wenn ich mehr verdiene als meine Kollegen. Zum anderen tritt ein Effekt auf, den das Märchen Vom Fischer und seiner Frau veranschaulicht: Je mehr einer hat, desto höher werden seine Ansprüche; ein Teufelskreis beginnt, und das Glück wächst dabei nicht.

Wenn Unternehmen die Motivation ihrer Mitarbeiter fördern und damit ihren Profit erhöhen wollen, müssen sie also nicht unbedingt deren Gehalt erhöhen. Viel bedeutsamer ist laut Prof. Ruckriegel, ob am Arbeitsplatz die Rahmenbedingungen für die Zufriedenheit der Angestellten stimmen: Ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet? Begegnen Vorgesetzte ihren Kollegen mit Aufmerksamkeit, Vertrauen und Respekt? Besteht zwischen den Mitarbeitern ein kollegiales Verhältnis? Werden die Angestellten unter Druck gesetzt oder herrscht am Arbeitsplatz eine angenehme Atmosphäre?

Das subjektive Wohlbefinden eines Menschen hängt aber auch wesentlich von den Zuständen in der Gesellschaft ab, in der er lebt. Ruckriegel weist auf mehrere Faktoren hin, die nicht immer mit dem übereinstimmen, was die klassische Ökonomie fordert. So ist zum Beispiel die individuelle Mobilität nicht nur unter dem Aspekt der Einsetzbarkeit des Mitarbeiters zu betrachten: Wer weite Wege zur Firma zurücklegen oder häufig den Arbeitsort wechseln muss, tut sich schwerer, eine gelingende Beziehung zu führen oder sich gar um eine Familie zu kümmern. Die Politik sollte für eine funktionierende Gesundheitsversorgung und eine niedrige Erwerbslosenquote sorgen. Und schließlich bestätigt auch der Wirtschaftswissenschaftler die Grundannahme der Anhänger eines bedingungslosen Grundeinkommens: Wir leben nicht, um zu arbeiten, sondern wir arbeiten, um zu leben – die work-life-balance muss stimmen. Denn wer immer mehr arbeitet, um mehr Geld zu verdienen, übersieht eben, dass das Einkommen für unser Glück nicht entscheidend ist. Wenn mehr Menschen diese Einsicht beherzigen würden, wären sie glücklicher – und ihre Arbeitgeber machten mehr Profit.