VON JANINA TOTZAUER | 17.10.2016 14:42

Der Dash Button: Mehr Klopapier auf Knopfdruck

Seit diesem Monat ist der Dash Button von Amazon auch in Deutschland erhältlich. Produkte können mit einem einzigen Knopfdruck, ganz ohne Smartphone oder Laptop bestellt werden. Wie dieser Knopf funktioniert, was dahinter steckt und wie Amazon damit unser Konsumverhalten beeinflusst, erklärt UNI.DE.

Wer kennt das nicht? Morgens presst man verzweifelt die letzten Reste Zahnpasta aus der Tube, nachmittags schaut man verzweifelt in eine leere Kaffeedose und abends hängen die letzten Reste Klopapier von der Rolle. Keiner hat beim Einkauf tags zuvor für Nachschub gesorgt. Solch schlimme Szenarien - so verspricht Amazon - gehören bald der Vergangenheit an. Mithilfe des Dash Buttons könne sich der zeitgemäße Konsument mit nur einem Knopfdruck Klopapier, Hundefutter, Kaffee, Zahnpasta, Rasierklingen, Spülmaschinentabs, Waschmittel und sogar Kondome nachbestellen. Jeder Amazon Prime-Kunde kann sich ab sofort für nur 4,99 Euro einen Dash Button bestellen, zum Beispiel einen der Marke Cottonelle. Dieser kann daraufhin direkt neben dem Klopapierspender befestigt werden. In der dazugehörigen Dash Button App wird der Knopf mit einem speziellen Produkt verbunden, das daraufhin bei jedem Knopfdruck automatisch via W-LAN nachbestellt und schon am nächsten Tag geliefert wird. Vorbei die Zeiten in denen die unglückliche Konsumbevölkerung beim Zur-Neige-Gehen des Klopapiers dreißig Minuten zum nächsten Supermarkt laufen musste, wo sie gleich noch Zahnpasta und Kaffee besorgte. Dank Amazon kann sich der moderne Mensch beim Anblick einer leeren Klopapierrolle auf dem Sitz zurücklehnen, erleichtert den Dash Button drücken und schon am nächsten Tag ist der Paketdienst mit einer neuen Packung Klopapier zur Stelle. So einfach das Prinzip, doch das Produkt birgt auch Nachteile.

Was steckt hinter dem Knopf?

Amazon ist weiterhin auf der Überholspur. Nachdem es dieses Jahr die Lieferung in nur einer Stunde in Berlin und München eingeführt hat, folgt nun der Dash Button, der nicht die Lieferung, sondern den Kaufvorgang deutlich verkürzt. Amazon bietet hierzu eine noch sehr beschränkte Produktpalette an, die man mit dem Knopf verbinden kann. Zur Auswahl stehen 32 verschiedene Marken, die insgesamt über 250 Haushaltsprodukte führen. Der Amazon Dash Button scheint das Einkaufen vermeintlich einfach zu machen, stellt aber dank erheblich überdimensionierten Preisen und wenig Auswahl keine wirkliche Alternative zum Supermarkt dar. Da der Kunde einmalig das gewünschte Produkt festlegt, wird bei zukünftigen Bestellungen durch Knopfdruck weder ersichtlich, ob der Preis deutlich gestiegen ist, noch ob ein neues oder vergleichbares Produkte auf dem Markt billiger zu haben ist. Die Einsicht kommt spätestens mit dem Kontoauszug. Ein Waschmittel einer bekannten deutschen Marke kostet so per Dash Button bestellt mehr als doppelt so viel wie im regulären Drogeriemarkt.

Jede Hausfrau und Mutter wird an diesem Punkt entsetzt aufschreien: Wie einfach ist doch so ein lustiger, bunter Knopf vom eigenen Kind gedrückt. Amazon beruhigt. Jede getätigte Bestellung kann in der App sofort storniert werden. Noch dazu sind Mehrfachbestellungen an einem Tag nicht möglich, da der Dash Button erst dann wieder einsatzbereit ist, wenn die vorher getätigte Bestellung angekommen ist. Dumm nur, wenn die Mutter gar nicht mitbekommt, wie der Sohn zum dritten Mal in dieser Woche den Knopf drückt und sie jeden zweiten Tag von neuem Paketlieferungen mit Klopapier entgegennehmen muss.

Mit weniger mehr erreichen – zur Notwendigkeit von Suffizienz

Die Zukunft des Dash Buttons

In den USA ist der Dash Button schon seit Anfang 2015 auf dem Markt und wird laut Amazon eifrig gedrückt: Alle dreißig Sekunden geht eine Bestellung ein. Doch darauf möchte sich der Dienstleister nicht ausruhen. Schon bald soll nicht einmal mehr ein Knopfdruck vonnöten sein, um zu ordern. Geräte in Haushalt und Büro sollen dank des Dash Replenishment Services selbstständig erkennen, wann das Spülmittel oder die Druckerpatrone zur Neige gehen und automatisch nachbestellen. Amazon rühmt sich, den Kunden so “mehr Zeit für das, was ihnen wichtig ist“ zu verschaffen und sammelt ganz nebenbei auch kräftig Informationen über das Konsumverhalten seiner Kundschaft.

Für Dash Button Nutzende scheinen all diese negativ Punkte vernachlässigbar zu sein, wenn im Gegenzug der gar so verhasste Supermarktbesuch endlich der Vergangenheit angehört. Behält Amazon Recht, wird sich der Mensch in Zukunft mit Freuden in seine selbstverschuldete Unmündigkeit drücken, während die Technik um ihn herum ganz automatisch sein Geld ausgibt. Insgesamt ist der Dash Button sicherlich für risikofreudige, kinderlose Technikfans mit 30-jähriger emotionaler Bindung zu einem bestimmten Markenprodukt und Sozialphobie zu empfehlen.