VON MAXIMILIAN REICHLIN | 11.11.2013 13:46

Immer Ärger mit der Maut – Europäische Gebühren-Modelle im Vergleich

CSU-Chef Seehofer will sie unbedingt nur für Ausländer, Kanzlerin Merkel will nichts mehr von ihr hören. Zur Zeit wird im Bundestag wieder angeregt über die Einführung einer möglichen Gebührenpflicht auf deutschen Autobahnen diskutiert. Verschiedene Modelle stehen dabei zur Auswahl von der Vignette zur Mautstation. Welche Maut-Modelle gibt es zur Zeit in Europa und wie wirken sie sich aus? Gibt es vielleicht ein Modell, dass auch für Deutschland sinnvoll wäre? UNI.DE hat sich umgesehen.

Grundsätzlich lassen sich in Europa zwei verschiedene Systeme der Gebührenpflicht auf Autobahnen unterscheiden. Zunächst ein Vignetten-Modell, wie es etwa in Österreich und der Schweiz üblich ist. Hier bezahlt der Autofahrer für die Nutzung aller inländischen Autobahnen für einen gewissen Zeitraum – von 10 Tagen bis einem Jahr – eine einmalige Gebühr und erhält dafür die Vignette. Ein System, das, zumindest in Österreich, funktioniert. Hier können durch die Vignette bis zu 400 Millionen Euro eingenommen werden, die umgehend wieder für den Straßenbau genutzt werden können.

Bachelor Verkehrsinformatik

Die Zweckmäßigkeit der Vignetten zahlt sich aus. Obwohl in Österreich nur als Übergangslösung geplant, ist die Vignette nun fester Bestandteil des Verkehrswesens und wird von einer Mehrheit der Einwohner zumindest geduldet. Eigentlich hatte man hier eine kilometerabhängige Maut einführen wollen, wie sie in Italien und Frankreich eingesetzt wird. Hier sind die meisten Autobahnen per Gesetz in privater Hand. An Mautstationen auf den Autobahnen, bezahlen die Fahrer direkt jeden gefahrenen Kilometer. Auch hier fließt ein Großteil des Geldes in die Sanierung der Straßen, zusätzlich verdienen die Betreiber der Mautstationen.

Beide Systeme würden in Deutschland allerdings nicht funktionieren, zumindest nicht, wenn eine "Ausländer-Maut" nach den Vorstellungen Horst Seehofers das Rennen macht. Dann müsste, im Falle eines Systems nach österreichischem Vorbild, nämlich nur etwa jedes 14. Auto eine Vignette erwerben, die Einnahmen wären also gering, die Kosten für das Mautsystem allerdings sehr hoch. Genaue Zahlen gibt es noch nicht, weil noch immer nicht klar ist, wie viel die Installation eines solchen Systems in etwa kosten würde, noch wie viel durch die Vignetten eingenommen werden könnte.

Ein Modell nach französischem Vorbild dagegen wird von deutschen Experten für „zu simpel“ erklärt, zum Beispiel von Bernhard Wieland von der Technischen Universität Dresden. Zwar würden hier die Autofahrer für die Benutzung der Autobahn zur Kasse gebeten, doch das reiche nicht aus. „Sie müssen [...] auch dafür zahlen, wie stark sie welche Straße nutzen.“. Und das am Besten noch gestaffelt nach der Schadstoffemission der Fahrzeuge. Sinnvoll wäre also ein System, das sowohl die gefahrenen Kilometer, den Streckenabschnitt sowie die Daten der Fahrzeuge in die Rechnung integriert. Ein Zusatznutzen: Durch die Erhebung dieser Daten könnte sofort entschieden werden, welche Strecke, weil viel befahren, am nötigsten einer Reparatur bedarf.

Ein solches System wäre etwa mit einer elektronischen Vignette denkbar. Die jedoch ruft die Datenschützer auf die Barrikaden, Stichwort: „Gläserner Autofahrer“. Auch bei diesem System treten also Probleme auf. Fraglich ist allerdings, ob wir uns solchen Fragen noch lange zu stellen haben werden. Der ADAC hält eine Einführung der Maut nicht mehr für wahrscheinlich. Immerhin wird Seehofers Einverständnis zu einer großen Koalition nicht mehr benötigt – auch ohne die CSU kommen CDU und SPD auf knapp 71 Prozent der Bundestagssitze. „Wer also sollte die auf diese Mehrheit gestützte Bundeskanzlerin daran hindern, ausreichend Sicherheitsabstand zur Maut zu halten?“ Merkel hatte ja bereits angekündigt, die Einführung einer Autobahnmaut, ob nun „für alle“ oder nur für „Ausländer“, mit Vignette oder ohne, nicht zu unterstützen.