VON RICHARD KEHL | 21.12.2011 17:07

Und dann der Regen

Der neue Streifen der Regisseurin Iciar Bollain ist als bester ausländischer Film für den Oscar 2011 nominiert worden. Es ist eine Parabel, ein „Film im Film“ über die Ausbeutung Mittel- und Südamerikas durch historische „Welt-Entdecker“, Invasoren und Eroberer - damals wie heute.

Inhalt: Eine spanische Filmcrew -unter der Leitung des Produzenten Costa (Luis Tosar) - plant einen Film über Christoph Kolumbus zu drehen. Dieser soll nicht als Wohltäter und Weltentdecker gezeigt werden, sondern als Eroberer und Ausbeuter. Als die Produktionskosten für den Dreh in der Karibik zu hoch werden, wird das Set in die östlichen Anden Boliviens nach Cochabamba verlagert. Dort bewerben sich für einen Hungerlohn einheimische Statisten im Überfluss. Darunter befindet sich auch der Indio Daniel (Juan Carlos Aduviri), der mit seiner provokanten Art erst negativ auffällt, aufgrund seiner Erscheinung dann aber eine wichtige Rolle als Taino-Häuptling Hatuey im Film bekommt.

Während die Filmcrew, um den Regisseur Sebastíán (Gael García Bernal,) die Einheimischen für ihre Zwecke castet und „ausbeutet“, beginnen die ersten Unruhen und Aufstände der Einheimischen gegen die Privatisierung der Wasserkonzerne und Preistreiberei spanischer Investoren und Unternehmer. Die einheimische Bevölkerung kann sich das Wasser nicht mehr leisten – doch ohne Wasser kein Leben. Wasser wird zum Luxus, und Eigeninitiativen, um an Wasser zu gelangen, werden von der Regierung brutal unterdrückt. Die einheimische Bevölkerung, unter der Führung von Daniel, setzen sich zur Wehr – der Dreh ist gefährdet, gleichzeitig droht ein Bürgerkrieg.

Kritik: Vor über 500 Jahren, nach der Entdeckung Mittel- und Südamerikas durch Christoph Kolumbus und andere Entdecker, scheint sich nichts geändert zu haben. Damals mussten die Eingeborenen willkürlich Steuern in Form von Gold an die Eroberer entrichten – Missachtungen wurden brutal bestraft. Heute sind in „Und dann der Regen“ Spekulanten und Unternehmer die modernen Eroberer, welche die Preise, in diesem Fall für Wasser, in die Höhe treiben und das Volk „modern“ ausbeuten. Auch die Filmcrew, um den Produzenten Costa, führt sich zu Beginn der Dreharbeiten wie ein „Eroberer“ auf. Doch durch die aktuellen Geschehnisse, fängt auch der eigentlich ignorante Produzent Costa an umzudenken und sich am Schicksal seiner Statisten zu beteiligen.

„Und dann der Regen“ sind eigentlich 3 Filme in einem, dessen Handlungsstränge fließend ineinander übergehen und zu einem Filmkunstwerk verschmelzen. Etwas versteckt ist dabei der Handlungsstrang eines Dokumentarfilms. Hier wird in „Und dann der Regen“ die Assistentin Maria (Cassandra Cíangherotti) gezeigt, die mit der Kamera die Spannungen in der Bevölkerung und Widersprüche im Team, dokumentiert.

Der zweite Handlungsstrang: die Spekulation und Preistreiberei mit dem Wasser durch spanische Unternehmer als „moderne“ Eroberer fand tatsächlich statt. Hier wurde der Wasserkrieg von Cochabamba aus dem Jahr 2000 aufgearbeitet. Damals lehnte sich die bolivianische Bevölkerung gegen eine Preissteigerung von Wasser um 300% Prozent auf. Spanische Spekulanten und Unternehmer haben Wasser privatisiert und den Preis künstlich in die Höhe getrieben. Und schließlich ist da noch der Aufhänger des Films: der geplante Dreh des Historienfilms um den Eroberer Christoph Kolumbus.

„Und dann der Regen“ ist für mich bewegendes, episches, sozialkritisches, politisches Kino. Es ist ein filmisches Meisterwerk, mit latenter Kritik gegen die Globalisierung und die Einmischung fremder Eroberer, Unternehmer etc. in die Kulturen und Lebenseinstellungen eines andern Volkes, mit dem Ziel, es auszubeuten.