VON CLEMENS POKORNY | 26.01.2017 17:39

Journalismus als Beruf?!

Lächelnde Moderatoren im Fernsehen; Zeitungsredakteurinnen, die mit spitzer Feder einem Millionenpublikum das Tagesgeschehen in Politik und Wirtschaft erklären: Die öffentliche Seite des Journalismus ist attraktiv. Doch häufig stecken heute prekäre Arbeitsverhältnisse dahinter. Viele der Wege, die in die schreibende Branche führen, erweisen sich für nicht wenige, die sie gehen, als Sackgassen – selbst die so begehrten Volontariate.

Sie stehen im Fokus der Öffentlichkeit: Mit ihren Gedanken, ihrer Stimme oder sogar ihrem Äußeren treten Journalistinnen und Journalisten über die verschiedenen Medien an uns heran. Keine schlechte Voraussetzung, um als berufliche Vorbilder für Heranwachsende zu dienen! Entsprechend groß ist das Interesse am journalistischen Beruf unter jungen Menschen in Deutschland. Doch die vielfältigen Wege dahin sind fast alle unsicher – und die späteren Arbeitsverhältnisse häufig prekär.

Das war nicht immer so. Noch der Generation unserer Eltern reichte oft ein geisteswissenschaftliches Studium und ein wenig Praxiserfahrung, um ein Volontariat absolvieren zu können und danach eine feste Stelle bei einem Medium oder einem Verlag zu erhalten. Heute, in einer Zeit der Akademikerschwemme, ist der Weg deutlich steiniger. Schon während der Schulzeit sollte sich die journalistische Arbeit nicht auf das Engagement in der Schülerzeitung beschränken. Viele Lokal- und überregionale Zeitungen bieten schon Schülerinnen und Schülern die freie Mitarbeit an. Auf diese ersten Arbeitsproben und Erfahrungen muss heutzutage fast immer ein Studium folgen. Von entscheidender Bedeutung ist dabei die Praxisnähe des jeweiligen Studienganges – nicht nur wegen der praktischen Erfahrungen, die man in möglichst vielen verschiedenen Medien sammelt, sondern auch wegen der Kontakte, die auf diese Weise zwischen Studierenden und potentiellen späteren arbeitgebenden Unternehmen entstehen können. Ein Journalistikstudium an einer Universität oder privaten Hochschule bietet genau dies oft nicht. Dementsprechend führt es, selbst wenn es mit Bestnoten abgeschlossen wurde, selten zu einer Festanstellung.

Der einzige sichere Weg in den Journalismus führt über eine der renommierten Journalistenschulen, etwa die Axel-Springer-Akademie in Berlin, die Burda Journalistenschule in Offenburg, die Henri-Nannen-Schule in Hamburg oder die Deutsche Journalistenschule (DJS) in München. Sie alle bieten nur sehr wenige Ausbildungsplätze an, die DJS auch eine Kombination von Lehrredaktion und Masterstudium. Entsprechend begehrt sind sie – und man sollte sich nicht von einer Absage nach dem ersten Aufnahmeverfahren entmutigen lassen: Der prominente ehemalige SZ-Autor und Schriftsteller Jan Weiler („Maria, ihm schmeckt's nicht!“) brauchte fünf (!) Anläufe, um in die DJS aufgenommen zu werden. Wer in München studiert oder unter 30 Jahre alt ist und von einer Ausbildung im Journalismus träumt, sollte sich unbedingt ein Semester Zeit nehmen, während dessen man beim Ausbildungs-Radiosender M 94.5 arbeitet – unentgeltlich, dafür aber unter so guter professioneller Anleitung, dass 94.5 als oftmals entscheidendes Sprungbrett für die Aufnahme an der DJS oder einer anderen Journalistenschule gilt.

Wie wichtig ist berufliches Networking?

Auf welchem Weg auch immer man das Handwerk des Schreibens erlernt: Der Weg in eine Redaktion führt letztlich meist über ein bezahltes journalistisches Volontariat mit einer Dauer von 15 bis 36 Monaten, oft bei einer Tageszeitung, bei der man idealerweise schon zuvor mit einem Praktikum einen guten Eindruck hinterlassen konnte. Auf eine freie Volontariatsstelle kommen allerdings oft hunderte Bewerbungen. Und selbst wer ein Volontariat ergattert und erfolgreich absolviert hat, wird im Durchschnitt nur maximal in einem von drei Fällen in eine Festanstellung übernommen. Nicht alle Medien bieten übrigens fundierte und klar strukturierte Volontariate an – nicht wenige „schwarze Schafe“ bieten unter diesem Namen letztlich verlängerte Praktika, mit denen Personalkosten eingespart werden sollen.

Und auch wenn man nach dem Volontariat weiterhin für das jeweilige Medium arbeiten darf, können viele in der schreibenden Zunft von einer solide bezahlten Festanstellung nur träumen. Freie Mitarbeit, Praktika für fertige Akademiker oder befristete Arbeitsverträge helfen der klammen Branche beim Sparen – genau wie im benachbarten Verlagswesen oder in der PR. Eine etwas bessere Position haben Fachjournalistinnen und -journalisten, die nach einem fachwissenschaftlichen Studium (am besten mit begleitender Praxiserfahrung im Schreiben) und einem Volontariat einen relativ hohen Wert auf dem Arbeitsmarkt haben.

Fazit: Wer beruflich „irgendwas mit Medien“ machen will, sollte viel nachweisliche Praxiserfahrung sammeln, flexibel sein, Kontakte knüpfen, Hartnäckigkeit zeigen, einen langen Atem haben, sich keine überzogenen Vorstellungen von seinem späteren Gehalt machen – und sich auf jedem Fall berufliche Alternativen offen halten.