VON MAXIMILIAN REICHLIN | 31.03.2014 16:13

Ich spiele, also bin ich – Wie spielen Phantasie und Kreativität fördert

Spielen ist nicht nur Kinderkram. Die Forschung weiß: Spielen und spielen lassen sind wichtige Bausteine sowohl in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, als auch im Erwachsenenalter. Sie fördern das Gedächtnis, die soziale Kompetenz und in erster Linie natürlich die Phantasie und die Kreativität. Außerdem hilft uns das Spielen dabei, den grauen Alltag zu vergessen. Was sonst noch wichtig ist am lebenslangen Spieltrieb und warum wir niemals das Kind in uns verlieren sollten, weiß UNI.DE.

Pädagogen, Psychologen und Philosophen – alle sind sich einig, dass Spielen wichtig ist. Vor allem für Kinder und Jugendliche, gleich, ob es sich dabei um ein Brett- oder Kartenspiel, ein Videospiel an Computer oder Konsole oder um sozial-interaktive Rollenspiele handelt. Denn jedes Spiel simuliert das reale Leben, erlaubt uns Zugang zu Szenarien und Erfahrungen, die wir im Erwachsenenalter oft benötigen und umsetzen können. Nicht zuletzt hat das Spielen auch einen pädagogischen Wert. Die österreichische Pädagogin Brigitte Haberda kennt die enge Verknüpfungen zwischen spielen und lernen. Spielsteine auf einem Brett zu bewegen trainiert die Hand-Augen-Koordination, die beim Schreiben gebraucht wird, Gesellschaftsspiele und Gedächtnisspiele wie „Memory“ trainieren das serielle Denken und das Gedächtnis.

Freizeitgestaltung à la Allemagne

Selbst auf einer psychologischen und sozialen Ebene hat das Spielen seinen Zweck: Es vertreibt Langeweile, erlaubt den Abbau von angestauter Aggression, versöhnt uns mit dem grauen Alltag und vermittelt spielerisch Erfolgs- und Misserfolgserlebnisse. Wer als Kind gerne und oft spielt, wird somit optimal auf sein späteres Erwachsenenleben vorbereitet. Doch der Spieltrieb verebbt irgendwann, wenn er nicht gefördert wird, zumeist in der Pubertät. Viele Heranwachsende lehnen den eigenen Spieltrieb „während der Suche nach ihrer Erwachsenenrolle oft als kindisch ab“, so die Psychologin Marion Kauke von der Berliner Humboldt-Universität. „In dieser Lebensphase bricht das natürliche Spielverhalten ab.“

Ein großer Verlust, denn auch Erwachsene profitieren von der „Tätigkeit, die aus Freude an dieser selbst geschieht, im Ggs. zur zweckbestimmten Arbeit“, wie der Brockhaus das „Spiel“ beschreibt: Sie erleben dabei Erfolge und lernen, mit Misserfolgen besser umzugehen. Außerdem fördern sie die Konzentration im Berufsalltag. Wer nicht in der Lage ist, sich auch einmal zu entspannen, und mit anderen zu spielen, bewältigt auch keine komplexen Arbeitsabläufe, behauptet Norman Kurock, Sozialpädagoge der Caritas in Ulm. Und auch Firmen und Konzerne schicken ihre Mitarbeiter oft auf Seminare, bei denen das Spielen im Vordergrund steht. Hier werden gezielt Kreativität und Teamwork der Arbeitnehmer trainiert – in Rollenspielen und Was-wäre-wenn-Szenarien.

Schon immer waren Spiele daher Teil unserer Kultur – länger sogar, als etwa Lesen und Schreiben. Auch Philosophen und Schriftsteller wie Aristoteles, Shakespeare oder Max Frisch beschäftigten sich mit dieser Freizeitbeschäftigung, erhoben sie sogar zu einem Merkmal des Menschen. Er ist nicht nur „homo sapiens“, der denkende Mensch, oder „homo faber“, der schaffende Mensch, sondern auch „homo ludens“, der spielende Mensch. Vor allem in Deutschland und den deutschsprachigen Ländern Österreich und Schweiz besitzt das gemeinsame Spielen einen großen Stellenwert. Nirgendwo gibt es eine größere Auswahl an jährlichen Neuerscheinungen, an Messen, Auszeichnungen und Veranstaltungen wie Spieleabenden oder Turnieren. Hier genießt das Spielen den gleichen Rang wie andere Kulturtechniken, etwa Lesen oder Schreiben. Um es mit den Worten Friedrich Schillers zu sagen: „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“