VON CHARLOTTE MEYER | 22.06.2015 13:48

Raif Badawi - bestraft und ausgezeichnet für seinen Einsatz um die Meinungsfreiheit

Raif Muhammad Badawi ist im Januar 2015 das erste Mal öffentlich ausgepeitscht worden. Mittlerweile ist sein Gesicht vielerorts in Deutschland auf großen Plakaten zu sehen. Diese Auspeitschung ist der Anfang seiner Strafe, die sich auf zehn Jahre Gefängnis und 1.000 Peitschenhiebe beläuft. Seit 2012 ist der saudische Internet-Aktivist in Haft und bislang ist trotz internationalen Widerstandes jeder Versuch, seine Freilassung zu erreichen, gescheitert.



Verhaftet für kritische Äußerungen

2008 gründete Badawi „Die Saudischen Liberalen“, ein Online-Forum über Religion und Politik in Saudi-Arabien. Er setzte sich für Meinungsfreiheit in seinem Heimatland Saudi-Arabien ein und legte gesellschaftliche und politische Missstände offen. Er kritisierte etwa die Religionspolizei seines Landes, wahhabitische, ultrakonservative Geistliche oder verurteilte eine Universität als „Hort für Terroristen“. Wegen seiner unkonventionellen Ansichten, die er im Netz preisgegeben hatte, ist er 2012 verhaftet worden und ein Verfahren wurde gegen ihn eingeleitet. Man klagte ihn an, islamische Oberhäupter auf seiner Webseite beleidigt zu haben. Während das ursprüngliche Urteil gegen ihn 2013 auf viermal 150 Peitschenhiebe und sieben Jahre Haft festgesetzt worden ist, verschärfte das Gericht 2014 wegen „Beleidigung des Islam“ die Strafe und verurteilte ihn zu zehn Jahren Haft, 1.000 Peitschenhieben und umgerechnet 194.000 Euro Bußgeld. 2014 war ein Gesetz in Kraft getreten, das die Anzweiflung des Islam als terroristische Handlung und die Verbreitung von kritischen Inhalten über soziale Netzwerke und andere Medien unter Strafe stellt.

Religion und Staat

Droht ihm der Tod?

Im März 2015 wurde durch seine Frau Ensaf Haider bekannt, dass Badawi die Todesstrafe wegen „Abfalls vom Glauben“ drohen könnte, falls sein Prozess neu aufgerollt würde. Indes ist die Prügelstrafe gegen Badawi nach den ersten 50 Schlägen vor einer Moschee im west-saudischen Dschiddah aus gesundheitlichen Gründen ausgesetzt worden. Die Wiederaufnahme könnte möglicherweise noch diesen Juni passieren. Auch der Regierungswechsel in Riad in diesem Januar ergab keine Milderung im Fall Badawi, mehr noch ist das Urteil erst kürzlich trotz der Verurteilung durch die Vereinten Nationen, der EU und vielen anderen internationalen Organisationen vom obersten Gericht Saudi-Arabiens bestätigt worden. Auch wenn Badawi so zwar der Todesstrafe entgangen ist, könnte die Prügelstrafe von 50 Schlägen über 20 Wochen mit großer Wahrscheinlichkeit ebenso seinen langsamen Tod bedeuten.

Die Stimme des Widerstands – Ensaf Haidar

Die starke Kraft hinter dem Widerstand gegen Badawis Strafe ist seine Frau Ensaf Haidar, die seit ihrer Flucht 2012 mit den zwei gemeinsamen Kindern in Kanada lebt. Sie bat bereits Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel im März dieses Jahres im ZDF um Hilfe für ihren Mann. Dem kam Gabriel bei einem Besuch in Saudi-Arabien nach, indem er dem saudischen König einen Brief von Haidar übergab. Auch wenn es um den Zustand ihres Mannes und seine Lage vor Gericht geht, wird sie immer wieder aufgesucht. Sie selbst steht nur in sporadischem Kontakt mit ihm, hat keine Nummer, die sie anrufen kann. Nur gelegentlich erhält sie kurze Anrufe von Badawi in Kanada auf ihrem Mobiltelefon. Sie ist das Sprachrohr ihres Mannes kämpft weiterhin dafür, dass das Schicksal von Badawi gehört und er von seiner Strafe freigesprochen wird.

Raif Badawi wird für seinen Einsatz um die Meinungsfreiheit in der digitalen Welt am 23. Juni 2015 mit dem „Freedom of Speech Award“ der Deutschen Welle ausgezeichnet.