VON MAXIMILIAN REICHLIN | 18.06.2015 14:19

Es gibt für alles eine App – Kuriositäten im Test

Apps sind aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Was zu Zeiten meiner Eltern ein Schweizer Armeemesser war, sind heute Smartphones, Computer und Tablets. Die sind allerdings nicht mehr mit einer handlichen Säge oder einem Korkenzieher ausgestattet, sondern mit Bildbearbeitungsprogrammen, Einkaufsführern, Schrittzählern, Kochbüchern, Ratgebern, und und und. Für alles, was man tun möchte, gibt es heutzutage eine passende App. Klar, dass bei einem so großen Angebot, wie es die verschiedenen App-Shops heute zur Verfügung stellen, auch einige Merkwürdigkeiten zu finden sind. Fünf dieser Kuriositäten habe ich selbst einmal näher unter die Lupe genommen.


Mit dem Handy durch die Landschaft: Geocaching

Sehr viel Spaß hatte ich zum Beispiel mit einer kostenlosen Geocaching-App, die für die meisten gängigen Betriebssysteme erhältlich ist. Es handelt sich dabei um eine Art Schatzsuche, die von den Nutzern selbst organisiert wird. Das Ganze funktioniert so: Irgendjemand versteckt irgendwo eine kleine Kiste (oder eine Filmdose, Tupperware-Behälter, etc.) und veröffentlicht die dazugehörigen Koordinaten. Mit der App, die als eine Art Navigationssystem funktioniert, werden dann andere Spieler zum Zielort manövriert. Auf dem Weg müssen oft kleinere Aufgaben oder Rätsel gelöst werden, die den nächsten Wegpunkt preisgeben. Nach dem ausgiebigen Test muss ich sagen: Es macht wirklich Spaß. Auch, wenn es mit Sicherheit seltsam ausgesehen haben muss, als ich da im Englischen Garten mit dem Handy in der Hand durch das Unterholz gestapft bin. Von Uneingeweihten (die Spieler nennen sie „Muggel“) sollte man sich schon alleine deshalb nicht beim Spielen beobachten lassen. Hin und wieder versagt darüber hinaus das GPS-Signal, oder die Suche wird durch einen plötzlichen Einbruch der Internetverbindung unterbrochen. Gelohnt haben sich die Strapazen trotzdem: Nach nicht einmal einer Stunde hatte ich meinen ersten gefundenen „Cache“ in der Hand und konnte den Fund sofort online „tracken“, wie es im Fachjargon heißt. Für Großstadtabenteurer ein Muss!

Piep, piep, quiiietsch, bumm, bumm

Astronomie für Fortgeschrittene: ISS Detektor und Asteroid Data Hunter

Interessant für Astronomie-Freaks ist dagegen der kostenlose ISS Detektor von RunaR für Android. Die App zeigt, ausgehend vom eigenen Standort, die aktuelle Position der Internationalen Raumstation ISS und anderer interessanter Objekte, die von der Erde aus mit bloßem Auge zu erkennen sein sollen. Zusätzlich reicht ein Blick auf das Display, um zu erfahren, wo und wann die Wetterverhältnisse ideal für eine Sichtung sind. Wenn man die Station schließlich gefunden hat, kann man den Moment als Ereignis im eigenen Kalender festhalten oder online mit anderen teilen. Nach ein wenig Herumprobieren, war es dann auch für mich nicht schwer, die Raumstation zu finden – zumindest glaube ich das. Denn „mit bloßem Auge sichtbar“ heißt nicht zwangsläufig „leicht zu erkennen“. Wer kann schon mit letzter Gewissheit sagen, ob das, was ich für die ISS hielt, nicht vielleicht nur eine seltsam geformte Wolke war.

Auch mit der nächsten App bleiben wir in der Astronomie. Der Asteroid Data Hunter für Windows, Mac und Linux, der in Zusammenarbeit mit der NASA entwickelt wurde, stellt einen Algorithmus zur Verfügung, mit dem Freizeitastronomen gezielt Asteroiden aufspüren sollen. Nötig ist dazu lediglich ein eigenes Teleskop. Die App vergleicht dann die Bilder, die vom Nachthimmel aufgezeichnet werden, und findet die Objekte, die sich bewegen, bei denen es sich möglicherweise um Asteroiden handelt. Auch wenn mir ein Selbsttest durch das Fehlen eines Teleskops verwehrt blieb, finde ich die Einsatzmöglichkeiten des Programms dennoch hochinteressant, denn: Der Plan der NASA ist es mithilfe der Nutzerdaten die eigenen Datenbanken zu erweitern. So wird der Smartphone-Nutzer zum inoffiziellen Mitarbeiter der Raumfahrtbehörde.

Für Meisterschützen und Schreibtischtäter: Bullet Flight und Awesome Boss

Kurios ist auch die App, die ich im Anschluss an den ISS Detektor gefunden habe – obwohl in diesem Falle das Wort „bizarr“ wahrscheinlich treffender wäre: Bullet Flight von Runaway Technology für Apple- und Android-Systeme ist ein Tool, das Windgeschwindigkeit und Luftfeuchtigkeit kalkuliert, um das Zielen mit einer Schusswaffe zu erleichtern. Je nach Geschossart und Begleitumständen soll die App exakt berechnen, wie die Waffe ausgerichtet werden muss, damit die Kugel das Ziel ideal trifft. Was klingt wie ein Scherz oder eine Spielerei ist tödlicher Ernst: Für rund 25 Euro gibt es die Vollversion des Scharfschützen-Assistenten zu kaufen, der, so der Hersteller, bereits in Afghanistan und Irak in Kampfeinsätzen verwendet wird. Getestet habe ich diese App übrigens nicht.

Sehr viel netter präsentiert sich dagegen mein nächster Fund, Awesome Boss, eine App für erfolgreiche Führungskräfte und solche, die es werden wollen. Das Programm soll vor allem auf die zwischenmenschliche Ebene abzielen, also zum Beispiel an Geburtstage der Teammitglieder, deren Hobbys oder die Namen ihrer Haustiere erinnern. Zusätzlich bietet die App sogenannte „Cue Cards“ mit Gesprächshilfen für schwierige Situation. Wie gehe ich beispielsweise mit einem Mitarbeiter um, der sehr sensibel auf Kritik reagiert? Oder der gerne die Arbeit seiner Kollegen als seine eigene ausgibt? Auch das klingt zuerst nach einer Spielerei, soll allerdings, so das Versprechen der Macher, das Verhältnis zwischen Chef und Angestellten deutlich verbessern. Ich selbst bin allerdings beim Test nicht über das Lesen der „Cue Cards“ hinausgekommen, die sich zwar sehr professionell präsentieren, aber deren Wirkung ich nur schwer selbst ausprobieren kann. Immerhin bin ich, so muss ich am Ende meiner kleinen Reise in die bizarre Welt der Anwendungssoftware konstatieren, von der Chefetage trotz App weit entfernt.