VON SINEM S. | 08.10.2012 14:30

Menschenrechte für Affen

Wer hätte gewusst, dass ein Schimpanse einem Menschen Blut spenden kann, und umgekehrt? Vor zwei Millionen Jahren hatte die Menschheit noch einen gemeinsamen Verwandten mit den Menschenaffen, zu welchen die Schimpansen, Gorillas, Orang Utas und Bonobos gehören. Trotzdem werden sie weltweit eingesperrt, misshandelt und für Tierversuche missbraucht, gerade weil sich die Wissenschaft ähnliche Reaktionen wie bei den Menschen erhofft. Dabei sind diese Tiere fast genauso empathisch, sensibel und intelligent wie der Mensch, trotzdem können sie sich nicht gegen ihn wehren. Nur 0,5 % der DNA unterscheidet uns von unserem Verwandten. Doch ebendiese reichen aus, um den Menschen über jenes besondere Tier zu erheben. Das Great Ape Project kämpft dafür, dass Menschenaffen ins Grundgesetz mitaufgenommen werden und ebenso Menschenrechte erhalten.

Nicht nur, dass Menschenaffen in Zoos und Zirkussen gefangen gehalten und zur Belustigung der Zuschauer missbraucht werden, die Zahl der Tierversuche an unserem Verwandten ist ungebrochen. Der natürliche Lebensraum der Affen ist der Zerstörungswut des Menschen ausgeliefert - ein sensibles Ökosystem, welches dringend notwendig ist, um die Spezies zu erhalten.

“A chimpanzee is not a pet and cannot be used as an object for fun or scientific experiment. He or she thinks, develops affection, hates, suffers, learns and even transmits knowledge. To sum it up, they are just like us. The only difference is that they don’t speak, but they communicate through gestures, sounds and facial expressions. We need to guarantee their rights to life and to liberty”, erklärt Dr. Pedro A. Ynterian, der Begründer von GAP Brazil und Leiter von GAP International. GAP wurde 1994 ins Leben gerufen und basiert ideell auf einem philosophischen Werk von Peter Singer und Paola Cavalieri. Das Buch lässt renommierte Spezialisten, wie z.B. Jane Goodall zu Wort kommen, die betonen, dass sich Menschenaffen, ebenso wie Menschen, in soziale Gruppen zusammenschließen, zu denselben starken Emotionen fähig sind und ähnlich miteinander kommunizieren. Daher wäre es nur folgerichtig, ihnen die gleichen Rechte wie uns einzuräumen, um sie vor Gewalt und Verfolgung zu schützen. Die „World Declaration“, soll ähnlich den Menschenrechten, das Recht auf Leben, Freiheit körperliche und psychische Unversehrtheit garantieren. Somit könnten diese Rechte auch vor Gericht eingeklagt werden und jegliche Tierversuche strafbar machen. Da die Affen dies nicht für sich selbst einfordern können, müsste es Anwälte geben, die sich auf Menschenaffen spezialisieren und geeignete Nichtregierungsorganisationen, die als ihre Stellvertreter fungieren.

Respekt vor der Kreatur?

Was einleuchtend klingt, könnte bei genauerem Hinsehen aber dem Vorwurf des Speziezismus nicht standhalten. Denn außer den Menschenaffen gibt es noch andere Säugetiere, die dem Menschen stark ähneln in ihrem Verhalten, die sich sozial zusammenschließen und ihre Intelligenz unter Beweis stellen. Krähen zum Beispiel bauen sich Werkzeuge, um an Futter zu gelangen, Delphine werden therapeutisch eingesetzt, und helfen erkrankten Menschen durch ihre sensible, einfühlsame Art. Und warum sollten Kühe und Hühner massenweise getötet werden, um unseren unstillbaren und größtenteils übertriebenen Hunger nach Fleisch zu decken, sprechen wir ihnen dadurch nicht jegliche Intelligenz ab? Die Frage ist auch, ob die Tatsache, dass manche Tiere uns ähneln, jene vor Tod und Verfolgung schützt, während entferntere Tierarten weiterhin nicht davor gefeit sind. Sollte nicht vielleicht Mitgefühl und Empathie als Grundlage genommen werden, um schwächere Lebewesen zu verschonen? Die Forderung nach einem Grundgesetz für Menschenaffen ist moralisch nachvollziehbar und notwendig. Doch sollten wir unser Verhalten gegenüber dem Tier an sich grundlegend überdenken und unser Mitgefühl nicht nur einer begrenzten Anzahl von Spezies zuteilwerden lassen.