VON RICHARD KEHL | 21.12.2010 13:13

Mehr Freiheit im Studium

Die Arbeitsbelastung von Studenten durch Klausuren und Anwesenheitspflichten ist enorm. Viele Universitäten schrauben ihre Pflichtanforderungen an die Studenten zurück und bieten ihnen wieder mehr Freiheit.

Seit dem Herbstsemester gibt es in Niedersachsen bei Bachelor-Studiengängen weniger Pflichtanteile und mehr Wahlfreiheiten. Niedersachsen reagiert damit als erstes Bundesland auf die Aufforderung der Kultusministerkonferenz. Vor allem bei Geisteswissenschaften soll eine übermäßige Verschulung reduziert werden. Auslöser hierfür waren die zahlreichen Studentenproteste der vergangenen Jahre.

Ziel ist die Entsorgung überflüssiger Inhalte in Studiengängen. Die Zahl der studienbegleitenden Prüfungen in den Bachelor-Studiengängen soll erheblich verringert und stattdessen mehr Freiheit eingeräumt werden. Studien haben ergeben, dass seit Einführung des sogenannten Bologna-Prozesses bei Bachelor-Studiengängen mehr als zehn Klausuren pro Fach und Semester von den Studenten verlangt werden. Im europäischen Vergleich geht das weit über die Bologna-Vorgaben hinaus. Zudem fließen die erzielten Noten in die Endnote mit ein. Oft wird zudem nach jedem Praktikum und Seminar noch eine sogenannte „Unterklausur“ verlangt. In Niedersachsen soll nun das erste Semester in der Regel von Prüfungen freigehalten werden. Klausuren sollen zudem weniger auf auswendig gelerntes Wissen und mehr auf Problemlösungen ausgerichtet sein.

Ebenso sind bereits bei einigen Veranstaltungen Anwesenheitspflichten abgeschafft worden, ein weiterer Erfolg der Studentenproteste und der Besetzung von Hörsälen zur Durchsetzung ihrer Freiheitsforderungen. Mittelfristig wird die Reduzierung von Pflichtveranstaltungen avisiert. Zudem sollen den Studierenden mehr Wahlmöglichkeiten geboten werden. Dadurch sollen Studenten lernen, wieder mehr in Eigenverantwortung zu studieren und zu arbeiten. Bei der Immatrikulation und Anmeldung des Studiums soll die Überprüfung durch externe Gutachter gewährleistet werden, damit auch bei einem Studienortswechsel keine Nachteile entstehen.

Die Kritiker sind nach wie vor nicht verstummt. Vielen fehlen ein Zeitrahmen und Maßnahmenkatalog für die konkrete Umsetzung. Der Ruf nach einer Gesetzesänderung wird vor allem bei den Linken laut. Diese haben bereits mit erneuten Studentenprotesten gedroht, um ihre Ziele durchzusetzen.